Bundesnetzagentur schreibt Überwachung von WLANs vor. Könnte uns das auch betreffen?

Gerade gelesen bzw. im Radio gehört. :frowning:

Beim Freifunk Rheinland e.V. sehe ich da durchaus potential. Der zentralisierte Rheinland Backbone ist da der Pferdefuß würde ich mal vermuten.

müssen in
öffentlichen WLAN-Hotspots mit mehr als
10 000 Teilnehmern

Haben wir doch noch in keiner community erreicht oder ?

Naja, User haben die Communities locker in dem Bereich. Nur nicht zeitgleich.

Das spannende an der Sache wäre, dass man in Deutschland im Detail über die erzwungenen Maßnahmen berichten dürfte. Ist ja kein National Security Letter.

Ich erwarte, dass die Dienste werden wegen der zu erwartenden gerichtlichen und vorallem öffentlichen Gegenwehr um den Freifunk bis auf weiteres einen Bogen machen werden.

Da wird man lieber versuchen uns per Gesetzesänderung das Leben schwer zu machen… und dabei vermutlich unsere Kreativität unterschätzen.

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Wenn sich wenigstens schon die kommerziellen Provider beschweren, werden sie auch ein paar Koffer vorbereiten, nur ob uns das was bringt?

Die angabe von 10k Usern macht nur für komerzielle Anbieter Sinn die ihre Kunden auch einzeln Identifizieren können.
Wenn man keine Kundenbeziehung hat sondern nur Ad Hoc Nutzer kann man das ja gar nicht so zählen.
Da müsste ja angegeben werden ob sich die Zahl gemessen werden soll:
Pro Gerät, Login, Click, Connection, Mac Adresse, usw. usw, …
und es müsste ein Zeitramen angegeben werden
pro Jahr, Monat, Tag, Gleichzeitig

es kommt also schon drauf an was genau gemeint ist.

Und das wir hier auf die Konzerne hoffen müssen um unsere Rechte und Daten zu schützen macht mich irgentwie traurig

Liebe Freifunker!

Das betrifft den Freifunk nicht. Die komplette Herleitung weshalb nicht würde über mehrere DIN A4 Seiten gehen und ist mir jetzt zu mühsam. Deshalb hier nur die Zusammenfassung:

(1) Überwachen muß nur, wer „geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt“ [Vgl. § 111 Abs.1 TKG]. Wobei die Formulierung so zu verstehen ist, daß das Mitwirken ebenfalls geschäftsmäßig erfolgen muß [Vgl. § 3 Nr. 6 TKG].

(2) Beim Freifunk ist die übliche Beziehung zwischen Nutzer und dem Freifunk immer ein Gefälligkeitsverhältnis, d.h. ein Geschäftsabschluß wird nicht einmal angestrebt. Anders ausgedrückt: Da der Rechtsbindungswille zwischen den Beteiligten fehlt, liegt keine Geschäftsmäßigkeit vor.

(3) Für eine Übermittlung personenbezogener Daten gilt datenschutzrechtlich das sogenannte Doppeltürprinzip, d.h. jede Seite des Übermittlungskanals benötigt eine eigene gesetzliche Erlaubnis zur Teilnahme an der Übermittlung der Daten. Für die verschiedenen Sicherheitsbehörden stehen diese gesetzlichen Erlaubnisse in den jeweiligen Spezialgesetzen oder der StPO. Für den Erbringer von Telekommunikationsdiensten oder den Mitwirkenden daran gibt es gesetzliche Erlaubnisse im TKG, die jedoch an die Bedingung des geschäftsmäßigen Erbringens oder Mitwirkens von und an Telekommunikationsdiensten gebunden sind (z.B. § 113 Abs. 1 TKG).

(4) Für den Erbringer von Telekommunikationsdiensten auf der Grundlage eines Gefälligkeitsverhältnisses (z.B. Freifunk) fehlt die gesetzliche Erlaubnis zur Übermittlung zu Überwachungszwecken. Damit ist eine Übermittlung personenbezogener Daten aus der Telekommunikation automatisch verboten [Grund: Da TKG nichts regelt, gilt §4 BDSG].

Fazit: Solange das TKG nicht geändert wird, besteht für den Freifunk keine gesetzliche Erlaubnis personenbezogene Daten aus Telekommunikation an „die Bedarfsträger“ weiterzuleiten. Das kann dann auch kein Richter rechtmäßig anordnen. Von dieser Seite wird also nichts kommen.

Die Pflicht zur Vorhaltung von Überwachungstechnik (§ 110 TKG) ist erst einmal nicht davon abhängig, ob diese Technik datenschutzrechtlich erlaubt eingesetzt werden darf oder nicht. Das TKG bestimmt, daß ein Erbringer von Telekommunikationsdiensten so etwas zu besitzen hat. Trotzdem braucht der Freifunk diese Überwachungstechnik nicht anzuschaffen, da eine solche Forderung die sogenannte unternehmerische Freiheit (Art. 2, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz) unverhältnismäßig einschränken würde. Unternehmerische
Freiheitsrechte dürfen nur insofern eingeschränkt werden, wie dies für das Wohle der Allgemeinheit unbedingt erforderlich ist. Ein Freifunkverein muß keine sinnlosen Ausgaben tätigen. Die sinnvolle Verwendung des Unternehmenskapitals gehört zur unternehmerischen Freiheit.

Auch im Hinblick auf die Kosten, die durch die Überwachungsanforderungen (Räume, Geräte und Personal) entstehen, werden solche Forderungen gegen den Freifunk regelmäßig unverhältnismäßig sein, da der Freifunk mit dem Telekommunikationsdienst keine Einnahmen generiert und bei den enormen Kosten der Überwachungsanforderungen den Betrieb einstellen müßte. Da das TKG für diesen Fall keine Entschädigung vorsieht, wäre damit speziell Artikel 14 Abs. 3 GG verletzt. Die BNetzA könnte es 'mal versuchen, spätestens vor Gericht dürfte die Sache dann aber erledigt sein.

Ich glaube nicht, daß da ernstgemeinte Forderungen an den Freifunk gestellt werden können. Also Thema tiefer hängen.

Hochachtungsvoll
Uwe Hohenstein

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Vielen Dank für die für mich als Laien ausgesprochen plausibel klingende Ausführung.

Aufgrund der Formulierung liegt nahe, dass du über eine juristische Ausbildung verfügst. Bist du bereit das zu bestätigen?

Das BMWi hat einen Fragenkatalog über die geplanten Änderungen des TMG
zusammengestellt:

Wenn ich mir das so durchlese, beschleicht mich so die Vermutung, dass das jemand ohne technischen Hintergrund geschrieben hat.

Zu Punkt (2) eine FAQ vom BMWi:
Ist der Freifunk e. V. ein geschäftsmäßiger oder ein privater WLAN-Betreiber?
Ob ein Freifunkverein privater oder geschäftsmäßiger WLAN-Anbieter
ist, kommt auf den Einzelfall an. Über die Art der Betätigung könnte u.
a. die Satzung Aufschluss geben und, ob der Betreiber für Gäste einen
eigenen Zugang eingerichtet hat. Wir gehen davon aus, dass Freifunker
ihr WLAN in der Regel wiederholt und auf Dauer zur Verfügung stellen,
also geschäftsmäßig tätig sind.

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@MrMM

Wenn es Dich glücklich macht: Ich bin u.a. zertifizierter Datenschutzmanager und zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV PersCert) und habe eine entsprechende Ausbildung dazu absolviert. Ich erkläre rechtliche Themen in Wahrnehmung meines gesetzlichen Auftrags nach § 4g Abs.1 Satz 1 BDSG ("(1) Der Beauftragte für den Datenschutz wirkt auf die Einhaltung dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz hin."). Das TKG ist z.B. eine sogenannte „andere Vorschrift über den Datenschutz“. Der Gesetzgeber hat § 4g Abs. 1 Satz 1 BDSG so offen formuliert, daß mein Wirkungsbereich nicht auf die Stelle, bei der ich extern bestellt bin, beschränkt ist.

@ffkarsc, @Lutz

Bitte schmeißt TKG und TMG nicht in den selben Topf. Das sind zwei unabhängige Gesetze mit z.T. deutlich anderen Definitionen der Begrifflichkeiten. Meine Ausführungen oben beziehen sich auf das TKG. Für das TMG ist die BNetzA nicht zuständig.

Das die FAQ des BMWi und der dahinterstehende Referentenentwurf zur Änderung des TMGs von schlechter Qualität sind und wenig mit Jura zu tun haben, haben schon genug Fachleute öffentlich festgestellt. Der Abschnitt zum Freifunkverein ist da keine Ausnahme. Ein eingetragener Freifunkverein kann niemals ein privater WLAN-Betreiber sein, da nur natürliche Personen eine Privatsphäre [Vgl. ‚Sphärentheorie‘ Der Schutz der Privatheit im Zivilrecht: Schadensersatz und ... - Ulrich Amelung - Google Books] haben. Ein eingetragener Freifunkverein kann auch nicht geschäftsmäßiger WLAN-Betreiber sein, da Geschäftsmäßigkeit hier voraussetzt, daß der Verein beim Angebot des Telemediendienstes geschäftsmäßig handelt, d.h. wie bei einem Geschäft handelt, denn das bedeutet der Suffix -mäßig. Eine geschäftliche Handlung ist jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluß (Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Wo erfolgt der Geschäftsabschluß? Wo kommt ein Vertrag mit wem auch immer zustande? Nirgends! Der Freifunk basiert auf einem reinen Gefälligkeitsverhältnis. Die Ausführungen des BMWi sind Unsinn.

Einen schönen sonnigen Tag noch.

Hochachtungsvoll
Uwe Hohenstein

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Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür

Etwas in der Art hatte ich bereits vermutet. Vielen Dank, das hilft mir sehr bei der Einordnung der Glaubwürdigkeit deiner Aussagen. :+1:

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§ 3 10. http://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/__3.html:

Hallo HeptaSean!

Ich rätsel ein wenig, was Du konkret mitteilen möchtest. Wenn Du einen Widerspruch in den beiden Zitaten vermutest, dann kann ich Dir nur sagen: Das ist das gleiche in grün.

§3 Nr. 10 TKG enthält den Begriff „Angebot“. Ein Angebot ist eine Erklärung mit dem Willen, sich rechtlich zu binden (Vgl. § 145 BGB). Es enthält die wesentlichen Vertragsbestandteile (insb. zum Verbraucherschutz) und braucht nur noch mit „Ja“ (Annahme) oder „Nein“ beantwortet zu werden. Gehen beide übereinstimmende Erklärungen dem jeweils anderen Vertragspartner zu, dann kommt der Vertrag bindend zustande. So etwas ist ein klassischer Geschäftsabschluß. Wo passiert so etwas im Freifunk?

MfG
Uwe Hohenstein

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Ja, exakt, das klingt für mich als Laien nach einem deftigen Widerspruch, den auch Deine Ausführungen, wie „Angebot“ hier angeblich zu verstehen ist, kaum abmildern können.

Vgl. auch http://digbib.ubka.uni-karlsruhe.de/volltexte/1000007749, S. 50 (PDF-Seite 126):

Also, mir erscheint das sehr plausibel und als Jura-Dissertation auch mindestens so glaubwürdig wie Deine doch sehr apodiktisch klingenden Behauptungen hier.

Die BNetzA geht auch von einer Geschäftsmässigkeit aus (und somit Meldepflicht nach § 6 TKG als TK-Dienstanbieter / TK-Netzbetreiber) aus, wenn das Netz beispielsweise durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert wird.

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@HeptaSean

Oh, Du hast mich jetzt kurzzeitig echt aufs Glatteis geführt. Ich kenne und schätze die Veröffentlichungen von Dr. Mantz. Viele seiner Veröffentlichungen sind wirklich brilliant und deshalb war ich dann doch stark irritiert, warum er da so falsch liegen sollte. Tut er auch gar nicht. Er schreibt über etwas ganz anderes. Er schreibt über ein Konzept offener Netze, bei dem jeder Teilnehmer auch gleichzeitig Diensteanbieter für die anderen Teilnehmer ist und so die klassische Rollenverteilung von Anbieter und Kunde aufgebrochen wird.

„Über Verträge des bürgerlichen Rechts lässt sich dieses Verhältnis ohne weiteres rechtlich abbilden, indem beide Parteien Dienste als Leistung erbringen.“[Seite 46 2.Absatz]

Das hat nichts mit Freifunk zu tun! Bei diesen offenen Netzen stehen die Teilnehmer miteinander in einem rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnis und nicht wie beim Freifunk in einem Gefälligkeitsverhältnis. So etwas ist natürlich Anbieten von Telekommunikation und natürlich liegt hier auch Geschäftsmäßigkeit vor.

Ich wäre Dir dankbar, wenn Du in der Zukunft genauer lesen würdest, bevor Du mich anrempelst.

Uwe Hohenstein

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Verstehe ich es richtig, dass das Problem der besagten Geschäftsmäßigkeit für die „klassischen“ Freifunker besteht? (fast ohne Zentralstrukturen, Vernetzung streng nach PDA, Internet-Zugang nur maximal als Nebeneffekt, Fokus auf lokale Dienste innerhalb der Wolke)
Und dass umgekehrt die zentralistischen VPN-Vereinsfunker mit ihrem Fokus auf „Internet-HotSpot möglichst günstig“ fein heraus sind?

Lies Dir bitte nochmal „III. Zum Begriff ‚offene Netze‘“ [S. 11 ff., im PDF 87 ff.] durch. Dort wird Freifunk als Parade-Beispiel „offener Netze“ im Sinne der Dissertation genommen.

Alternativ: Schaue Dir das „Freifunk-TKG-Starterpaket“ an. Money-Quotes:

Ich habe keine Ahnung, ob Mantz mit seiner Einschätzung recht hat und wir alle das eigentlich machen müssten, aber offensichtlich sieht er Freifunk-Knoten-Betreiber (auch in der VPN-Variante von Freifunk) als „Diensteanbieter“ im Sinne des TKG, widerspricht also Deiner Einschätzung diametral. (Wie es übrigens auch die Rechts-FAQ in unserem Wiki tut: Absatz „Allerdings ist davon ‚geschäftsmäßig‘ zu unterscheiden: […]“)

Vor der Meldepflicht aus § 6 schützt wohl, dass dort zusätzlich „gewerblich“ steht.

Vor der Verpflichtung zum Vorhalten von Überwachungsvorrichtungen (die in diesem Thread eigentlich mal Thema war), schützt wohl die geringe und bei Freifunk kaum zu bestimmende Zahl der Benutzer (vgl. auch Mantz, a.a.O., S. 62, S. 138 im PDF, übrigens wurde die Zahl von 1000 Benutzern, die sich noch bei Mantz findet und von ihm für Freifunk als unrealistisch hoch angesehen wird, inzwischen auf 10 000 geändert). Darauf würde ich aber, insbesondere bei der Größe, die der Freifunk Rheinland inzwischen erreicht hat, keine Wetten abschließen.

Zu den diversen Unklarheiten dieser Sache, siehe auch:

Auch dort kein Wort davon, dass „wir“ wegen diesem „geschäftsmäßig“-Ding ausgenommen sein könnten, höchstens weil wir keine „vertraglich an den Anbieter gebundenen Kunden“ haben bzw. „nur an der Diensteerbringung mitwirk[en]“, klingt aber alles eher unklar.

Bis irgendjemand im Freifunk-Kosmos einen solchen Brief von der BNetzA bekommt, ist zumindest das mit den Überwachungsvorrichtungen aber eine sehr theoretische Erwägung und wir können diesbezüglich den Ball schön flach halten.