Finanzamt lehnt Anerkennung Gemeinnützigkeit ab

Die Oberfinanzdirektion Münster kann nur Verfügen, nicht Urteilen. :wink:

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Gibt es hier keine passenden Mustersatzungen an denen man sich zwecks Anerkennung der Gemeinnützigkeit orientieren kann?
LG

Korrekt, die gibt es nicht.
Es gibt lediglich Satzungen, die mal funktioniert haben in A, an denen sich Leute in B oder C orientiert haben und dann wunderten, dass sie einen Thread wie diesen starten konnten.
Merke: „Bilig Internet für Mitglieder und/oder die Allgemeinheit anbieten“ ist kein gemeinnütziger Vereinszweck. Das ist -selbst wenn man in der Satzung explizit schreibt „der Verein verfolgt nicht primär eigenwirtschaftliche Zwecke“- eben genau dieses: Eigenwirtschaftlich.

„Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 06.02.1996, Aktenzeichen: S 2729-171-St 13-31“

In dieser Verfügung geht man noch davon aus, dass für die zur Verfügung Stellung des Internetzugangs (und somit Wissens- und Bildungsförderung) Zugangsdaten ggf. nur an Mitglieder des Vereins oder der Allgemeinheit gegen ein Endgeld abgegeben werden. Und damit (privat-)wirtschaftlich sind.

So lese ich das zumindest. Und wie ich meine trifft das ja heute gar nicht mehr zu. Ungefähr 20 Jahre später. Die Verfügung ist salopp gesagt aus Steinzeit.

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Mal ein kleiner Status-Update: Unser Steuerberater ist genau der gleichen Auffassung bzgl. der 20 Jahre alten und auch nicht mehr stimmigen Verfügung des OVD Münster. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, soll eine Anfrage diesbezüglich auch an das OVD Münster zur Überarbeitung der Verfügung gestellt werden. Auf eine Antwort unseres Steuerberater warte ich noch

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Mittlerweile hat das Bundesfinanzministerium den Passus in den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) übernommen: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Weitere_Steuerthemen/Abgabenordnung/AO-Anwendungserlass/2014-01-31-Neubekanntmachung-AEAO.pdf;jsessionid=E6D3DCCD9A96D8E4906DC607C6610078?__blob=publicationFile&v=3

Auch in der Letztfassung aus 2014 heißt es auf Seite 31 - Punkt 3:

Internetvereine können wegen Förderung der Volksbildung als gemeinnützig
anerkannt werden, sofern ihr Zweck nicht der Förderung der (privat betriebenen)
Datenkommunikation durch Zurverfügungstellung von Zugängen zu
Kommunikationsnetzwerken sowie durch den Aufbau, die Förderung und den
Unterhalt entsprechender Netze zur privaten und geschäftlichen Nutzung durch
die Mitglieder oder andere Personen dient. […]

Aufschluss gibt die Begründung der OFD Münster:

Sofern jedoch lt. Satzung lediglich steuerbegünstigte Zwecke
verfolgt werden und daneben Zugangsberechtigungen zum
Internet zur privaten oder geschäftlichen Nutzung an
Mitglieder und andere Personen entgeltlich veräußert und
ggfs. anfallende Nutzungsgebühren erhoben werden, wird
diese Tätigkeit regelmäßig erst im Rahmen der
Überprüfung der tatsächlichen Geschäftsführung
festgestellt werden. Dann ist zu prüfen, ob die ideellen
(steuerbegünstigten) Zwecke in erster Linie das Handeln der
Körperschaft bestimmen. Ist die gesamte oder überwiegende
Tätigkeit einer Körperschaft jedoch in erster Linie auf
die Verfolgung (eigen) wirtschaftlicher Zwecke ausgerichtet,
so handelt sie nicht mehr selbstlos. Entscheidend ist,
welche Tätigkeit der Körperschaft das Gepräge gibt. Dies
ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden.
Überwiegen die steuerbegünstigten Zwecke das Handeln der
Körperschaft liegt hinsichtlich der entgeltlichen Abgabe
der Zugangsberechtigungen zum Internet an Mitglieder und
andere Personen sowie der ggfs. erhobenen anfallenden
Nutzungsgebühren ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb vor.
(Quelle: Leitfaden Vereinsbesteuerung | Vereinsbesteuerung.info; letzter Absatz)

Eine Ablehnung ist sehr auf Zugangsberechtigungen für Mitglieder fokussiert. Das gibt es im Freifunk-Bereich überhaupt nicht. Das würde also für die Gemeinnützigkeit von Freifunkvereinen sprechen.

Der untere Passus ist schwierig, weil halt die Frage ist, ob die einen Leistungsaustausch unterstellen. Freifunk nimmt kein Entgelt, aber ist schon darauf aus das Netz zu finanzieren. Der nächste Satz „Verfolgung (eigen)wirtschaftlicher Zwecke“ trifft wohl definitiv nicht zu.

Es würde also auf die Abwägung hinauslaufen. Bzgl. des FFRL muss man ganz klar sagen, dass die richtig viele Fortbildungsmöglichkeiten organisieren. Das müssten anderen Vereine dann auch tun - und darüber Buch führen.

Ich glaub, die Lage hat sich aber etwas gebessert, oder?

Die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben sich im Rahmen einer Ausarbeitung ebenfalls mit Freifunk befasst: „Anwendbarkeit des § 52 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) auf Freifunk

PDF hier:

FYI
@Maltis
@larsm
@sluter

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Die Verfassenden scheinen davon auszugehen, dass die Mehrheit der Freifunk-Knoten zur Eigenversorung der Freifunkenden genutzt werden und eben nicht für eine offene Nutzung „durch alle“.
Ich weiss zwar nicht, wie die das erkannt haben können, aber vielleicht stehen ja ja doch zu viele Router funktechnisch so schlecht erreichbar, dass die These gestützt wird:

Die Freifunknetzwerke (Freifunk) dienen nicht in erster Linie der Förderung der Bildung. Es handelt sich hier vorrangig um das Zurverfügungstellen von Internetzugängen für einen abgeschlossenen Personenkreis. Im Mittelpunkt stehen der Austausch von Daten und Informationen zu privaten Zwecken.

Damit liegt da jetzt wohl ein „Kind im Brunnen“, meiner Meinung nach.

Na wenn ich mir anschaue wie an einigen Commuities Hotspots vorkonfiuguriert in die Gegend gebombt werden so kann ich auch keine Bildung erkennen :wink:

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Ja, vermutlich. Wie ich bereits hier schon einmal zu dem Thema äussert, war der Weg auch völlig falsch.

  1. es gibt in jedem Bundesland eine „Obere Finanzbehörde“, direkt unter dem Ministerium angesiedelt, die einen Zuständigen für die die Anerkennung von Gemeinnütigkeit hat. Dieser eine (!) hat Richtlinienkompetenz und ist gegenüber allen untergeordneten Finanzämtern weisungs- und definitionsberechtigt. Es ist also völlig falsch, sich an das örtliche Finanzamt zu wenden, vor allem, im Nachinein.

  2. Ein Steuerberater (kann man faktisch nicht selbst, also gar nicht erst versuchen, sonst richtet man irreparablen Schaden an) muss sich mit dem Zuständigen bei der OFD in Verbindung setzen und mit dem den exacten Wortlaut (!) der Satzung VOR dem Weg zum Notar (!) abstimmen.

  3. dann erst zum Notar, und dann hat das örtliche Finanzamt nichts mehr zu sagen.

Jeder, der das auf eigene Faust versucht, scheitert. Also guten (und dann auch teuren) Steuerberater vorher aufsuchen, der sollte Erfahrung damit haben.

Das klingt gar nicht gut.
Ein Freund, der mal beim Wissenschaftlichen Dienst gearbeitet hat, schreibt mir: „Direkt an den WD wenden und das klarzustellen versuchen. Ansonsten Gegengutachten an die Auftraggeber.“
Ist da schon jemand von Freifunk dran?

Naja, wenn es um schnellen Aufbau der Infrastruktur geht (zb. Veranstaltungen, Flüchtlingshilfe, Altersheime, Wohnstifte) kann das Router in die Gegend bomben ein Mittel der Gemeinnützigkeit sein.

Im Umkehrschluss wird in nahezu jeder Community an den Treffen Wissen vermittelt und bereitwillig weitergegeben.

Mein Bauchgefühl:
Der Bundestag/Nachrichtendienste sieht eher ein Problem in der Kontrollierbarkeit (und Zuord-barkeit) von Freifunk-Traffic. Solche Gutachten werden ja in Auftrag gegeben. Ich denke da will man einfach einen „Dämpfer“ aufschnallen und die massige Verbreitung zügeln/minimieren.

Tatsächlich wird man wohl an den WD ran treten müssen, dass sollte der Vereinsvorstand als Sprecher und Verantwortlichkeit tun.

Welchen Verein meinst du? Es gibt mittlerweile einen Haufen davon. Ich vermute, du meinst entweder den Freifunk Rheinland e.V. oder den Förderverein Freie Netzwerke e.V. Vielleicht sollten wenn, dann sogar mehrere Vereine unterschreiben.

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Mag es jemand, der Mailinglisten-affin ist vielleicht mal auf WLAN-Talk kippen? Das Thema braucht imo dringend ein bisschen Awareness.

Kurzfristiger Fix kann sein, den Providerbetrieb in eine Genossenschaft auszukoppeln und mit dem Verein tatsächlich nur noch Bildungsveranstaltungen und Infomaterial zu finanzieren.

Langfristiger Fix muss bei dieser Einschätzung (wenn es keine Korrektur gibt) wohl sein, den Begriff des Bürgerdatennetzes ordentlich zu definieren, und die Förderung von Bürgerdatennetzen in der AO unterzubringen.

(Bevor jemand mit Amateurfunk kommt, der ja auch ein zentraler Punkt in der Abhandlung war: Historisch geht die Definition des Amateurfunk auf eine Anhörung vor dem US-Senat im Jahr ~1910 zurück. Zu diesem Zeitpunkt gab es kein Internet und noch nicht einmal in jedem Haushalt ein Telefon. Und da das ja sogar vor dem Ersten Weltkrieg war, war das quasi gesellschaftspolitisch sowieso noch das 19. Jahrhundert :slight_smile:
Es macht durchaus Sinn, nochmal nachzudenken, ob das Menschenrecht Internet nicht eine andere Behandlung verdient hat, und ein öffentlich aufgebautes Netz, das dezentral und nicht in Providerhänden liegt, nicht doch eine explizite Würdigung verdient.)

EDIT: Außerdem hat ein Außenstehender bei Blick auf das Dokument folgenden Hinweis gebracht:

Zitiert wird die freifunk.net Seite, und dort steht:

„Jeder Nutzer im freifunk-Netz stellt seinen WLAN-Router für den Datentransfer der anderen Teilnehmer zur Verfügung.“

Das klingt halt erst einmal stark nach Fonera-Modell. Vielleicht sollte man da die zwei existierenden Rollen ein bisschen stärker trennen. So klingt es halt danach, als wäre es verboten, Freifunk zu nutzen, wenn man selber keinen Knoten zu Hause hat.

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Guten Morgen,

ich führe jetzt auch schon des längeren mit dem Finanzamt PapiertransportgeldverschwendungskriegE. Nach hin und her ist unser Satzungsvorschlag jetzt Formal absolut Korrekt, naja aber dieses Internet, dessen „Server, Leitungen, etc.“ sind nicht selbstlos und somit auch nicht Gemeinnützig. Wir sind jetzt mit einem Steuerberater dran, vielleicht hilft ja ein Satz wie: „Der Zugang zu dem Bürgernetz MUSS für jeden MENSCHEN kostenfrei sein.“ Wir werden sehen. Wir fördern ja schließlich nur:
„Die Schaffung von Kommunikations- und Bürgerdatennetzen sowie der dazugehörigen Infrastruktur, insbesondere zum Zwecke der Erprobung, Weiterentwicklung und Demonstration bestehender Technologien.“
„Den Zugang zur Informationstechnologien, insbesondere für sozial benachteiligte Personen und Geflüchtete, bereitstellen, fördern und unterstützen.“

Wenn das alles nichts hilft, würde ich mich freuen mit anderen Freifunk Vereinen, jede Instanz die uns das Europäische Recht ermöglicht, zu durch trampeln. Also bis in 15 Jahre :wink:

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Der Zugang zu Informationen bzw. die Verbreitung seiner Meinung ist doch ein „hohes Gut“.

Siehe z.B. http://www.heise.de/newsticker/meldung/UN-Menschenrechtsrat-verurteilt-Internet-Blockaden-3254035.html

Ich finde grad den Text/die Quelle nicht mehr, aber der Online-Zugang ist - neben Zugang zu Wasser etc. - doch von irgend nem hohen Gremium als Menschenrecht kategorisiert worden.

Das Freifunk-Netz bietet solch Möglichkeiten und zusätzlich noch Zugang zum weltweiten Internet.

Der Fehlschluss, der „von anderen“ allem anschein nach gemacht wird:
„Freifunk macht Internet für Freifunkende“ → Versorgung der eigenen Mitglieder mit Internet.
Und damit ist das dann „Eigenwirtschaftlich“ und „beschränkter Personenkreis“.

Dass (nach unserem Verständnis) jedeR FreifunkerIn, wenn ein AP mit der SSID „Freifunk“ genutzt wird, also nicht nur „Vereinsmitglieder“ (oder solche, die sich per SMS-Validation irgendwo angemeldet haben wie bei Kommerz-Hotspots): Der Schritt ist wohl zu schwierig zu vermitteln. Zumindest ist er in der Vergangenheit nicht durchgedrungen.

Ich halte es daher für wichtig, die Botschaft etwas zu drehen, auch wenn es mir dabei im Magen grummelt:

„Freifunk bringt Internet barrierefrei, anmeldefrei. Für Bedürftige, für Fremde, für Alle“
(anlehnend an das was @skorpy schrieb)

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Wie wäre es mit:

„Freifunk bietet Freifunk für alle - und zusätzlich anmeldefreies Internet. Einfach und barrierefrei für Alle.“

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Solltet Ihr den Weg gehen kündigt das vlt. überall an damit man euch sowohl finanziell als auch bei der Ausarbeitung der konkreten Stoßrichtung helfen kann („was genau soll als gemeinnützig anerkannt werden“).

Cheers,
Arwed