Freifunk für Flüchtlinge nach der Großunterkunft - und jetzt?

Moin,

Aktuell gibt es ja seit Monaten in sehr vielen lokalen Communities Aktivitäten um Flüchtlinge in den Großunterkünften/ZEAs/EAs/EAEs/Übergangslagern/Containerdörfern etc. mit Freifunk zu versorgen. Da wo die einzelnen Projekte umgesetzt werden konnten, hört man auch nur Gutes, die Flüchtlinge haben leichten Zugriff auf Nachrichten, Informationen, können mit Familie und Freunden in Kontakt treten oder einfach die Zeit mit Medienkonsum abkürzen. Klar konzentriert man sich auf die Großunterkünfte, weil man dort einfach an einem Ort möglichst vielen Menschen helfen kann.

Nun ist es mir in letzter Zeit verstärkt aufgefallen, dass es immer wieder mal Anfragen von Einzelpersonen an diverse Mailinglisten nach Freifunk gibt. Kennt man ja, da gibt man einen kurzen Tipp, um einen Knoten zum Laufen zu bringen oder redet dem Interessenten die Vorstellung aus, er könne ohne Nachbarknoten seinen DSL-Anschluss durch Freifunk ersetzen. Hier ist es nun aber nicht so leicht, denn es werden zunehmend Flüchtlinge von den Großunterkünften auf Gruppen-/Familien-/Einzelwohnungen verteilt mit dem Wissen:

„Freifunk“ waren in den Sammelunterkünften die, die mir Kontakt zu meinen Verwandten und Informationen ermöglicht haben, vielleicht können die mir das ja auch am neuen Ort ermöglichen.

Keine Frage, dass es (selbst in großen Freifunk Communities) unrealistisch ist, jede Anfrage persönlich und vor Ort zu betreuen. Es gibt manchmal Sprach- und damit Verständnisbarrieren, wenn man auf die technischen Voraussetzungen hinweist. Auch die notwendige Hardware muss beschafft werden. In der Regel wird es an einem Uplink scheitern, denn als Asylsuchender wird man sich selten einen eigenen DSL-Anschluss leisten können, in einer Gruppenunterkunft wird dieser Anschluss vielleicht sogar nicht möglich sein und der Aufenthaltsstatus, Ausweisdokumente und Vertragsmodalitäten erschweren die Sache. Und gerade darum fragt man ja auch nach Freifunk.

Hinzu kommt „leider“: Jede erfolgreiche Lösung spricht sich rum und vergrößert die Nachfrage, der man dann immer weniger entsprechen kann.

  • Habt Ihr Erfahrungen mit Einzelunterkünften gemacht?

  • (Klar gibt es auch den einfachen Fall, dass man nur einen Knoten verschenkt und der uplink dann über Mesh aus der Nachbarschaft kommt)**

  • Habt Ihr eine Vorgehensweise entwickelt, wie Ihr die Flüchtlinge in den Sammelunterkünften auf ein Leben mit/ohne Freifunk vorbereiten könnt?

  • (zusätzliche Flyer, Aushänge, Info über Kontaktpersonen der Unterkunftsbetreiber)?

  • Habt Ihr eine Vorgehensweise entwickelt um möglichst ressourcensparend aber hilfreich auf Einzelanfragen zu reagieren?

  • (mein subjektives Gefühl: diese Anfragen werden teilweise noch langsamer beantwortet, als Fragen zu technischen Problemen oder allgemeiner Informationsbedarf. Vielleicht traut man sich als „Techniker“ auch einfach nicht, noch dazu wenn die Anfrage schwer zu verstehen ist und das Gegenüber uns für einen Provider hält, der einem jetzt direkt mal das Internet ins Wohnzimmer legt)

  • Habt Ihr Kontakt zu (regionalen) Initiativen/Vereinen etc. die evtl. den Flüchtlingen mit Rat und Tat zur Seite stehen und Freifunk kennen, so dass sich Freifunk nur noch um die Technik dahinter kümmern muss, die andere Seite sich dann z.B. um die Kosten/Förderung für einen Knoten kümmern kann?


Hier auch mal die groben Schritte, wie ich bisher versucht habe bei solchen Anfragen zumindest zu helfen:

  1. Link zur Übersichtskarte, Hier findest Du Freifunk in …deiner Stadt…
  2. Sofern Anschrift des Anfragenden bekannt: Angabe von 2-5 aktiver Knoten mit ungefährer Adresse in direkter Nachbarschaft.
  3. Kurze Erklärung, dass Freifunk nicht einfach Internet bereitstellen kann, sondern entweder ein Internetanschluss notwendig ist (eigener oder Nachbar) oder eine Funkverbindung zu einem aktiven Knoten möglich sein muss.
  4. Vorschlag in Kontakt mit den Nachbarn zu treten/Zettel im Treppenhaus, evtl. mag jmd. (mit Zuhilfenahme von Freifunk) seinen Internetanschluss teilen.

…Ja, da hört es dann auf. Mit Glück ist vielleicht ein Knotenberteiber in der Nähe der mitliest und alles daran setzt seinen Knoten um 3m zu verlagern, damit das Signal dann durchkommt.


Über Eure Ideen oder Wissen zu dem Thema würde ich mich freuen.

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Moin,

Flüchtlinge selbst haben sich bei uns meines Wissens noch nie selbst gemeldet.

Bei uns in der Umgebung wollen eigentlich alle Gemeinden in den Unterkünften, auch in kleineren, WLAN anbieten. Entweder sie nehmen was kommerzielles oder eben Freifunk. Dann bestellt meist die Stadt den DSL-Anschluss und jemand aus dem Freifunkumfeld bringt da mal kurz einen Router vorbei. Die Gemeinden zahlen dann auch oft noch für einen Elektriker, der noch ein Kabel zieht oder ähnliches.

Auch die Aussage mit den DSL-Anschlüssen kann ich so überhaupt nicht bestätigen. Ich wurde schon zu zwei so WG-Häusern gerufen, wo mir der Übersetzer dann erklärt hat, dass die alle O2-DSL haben, weil die denen das geben - warum auch nicht. Wenn man mit vielen Leuten zusammen wohnt und Taschengeld bekommt, sind die 20 €/Monat dann schnell zusammen. Ich würde es auch so machen. Da brauchten wir gar nichts machen.

Die schwierigen Fragen stellen eher unsere Landsleute, die überzogene Erwartungen haben oder mit dem Kabel stecken überfordert sind. Aber das bearbeiten wir reih um ohne Samthandschuhe. Wer es mit zwei drei Tipps nicht hinbekommt, wird zum nächsten Treffen eingeladen und dann klappt das schon.

Grüße
Matthias

Die Beobachtung teile ich.

Wir haben in Düsseldorf an mehreren Stellen dann mit mehr oder weniger Erfolg dort dann zumindest noch einen 841er ins Fenster bekommen, so quasi als Gegenleistung für die Versorgung in den Unterkünften zuvor.
Aber das ist leider die Ausnahme.
Ich will nicht behaupten, das wäre undankbar. Die Leute haben schließlich andere Probleme, mit Umzug, Ummeldung der Kinder in neue Schulen etc. Da fällt dann „sich auch noch bei den Freifunkenden rückmelden“ hinten herunter.
Wünschen würde ich es mir jedoch trotzdem.

Da dieser Fred aus unserem (Kiel) Umkreis kommt möchte ich mich hier auch beteiligen.

CC @rubo77

Bisher handhaben wir das wann immer möglich durch direkten Kontakt. Wir versuchen die Leute vor Ort mit Freifunk zu versorgen.

Manchmal kann man sich auf einem guten Mesh Netz ausruhen das ist aber nicht immer der Fall.

Ziehen die Menschen in Wohnungen oder Wohngruppen ohne „Heimleitung“ um, wird es zudem schwer dort DSL zu bekommen, sofern die Flüchtlinge das nicht als Gemeinschaftsleistung selbst stemmen können. Aber auch hier hab ich schon Dramen erlebt, speziell dann wenn einer mal nicht zahlt, oder aber der Vertragsnehmer mal wieder umziehen muss und den Anschluss mitnimmt.

Gibt es eine Heimleitung hat man meist gute Karten. In vielen Fällen stellt die Stadt dann dort DSL da muss man dann nur noch die Leitung zum teilen bewegen. Bisher ist dieser aber immer an uns rangetreten, so dass das kein Problem war.

Schwer wird es erst wenn schön ältere Unterkünfte versorgt werden sollen.

Hier trifft man dann auf steinalte Verträge und Bandbreiten unter 10MBits. Oft kann man dann aber mit der Stadt etwas aushandeln, da eine Vertragsmodernisierung oft billiger und schneller zu gleich ist.

Sind sie erstmal aus den EAEs raus gibt es leider kein Erfolgsrezept mehr. Hier muss jeder Fall einzeln betrachtet werden…

Wir haben hier mit einer der Siedlungsgesellschaften gute Erfahrungen, die da quasi Blockweise „MännerWGs“ in 4ZKB-Wohnungen organisieren.
Da das „ältere“ Wohnblöcke in nicht ganz taufrischem Renovierungszustand sind gibt es da lange nicht so ein Gezeter, wenn mal Löcher gebohrt werden sollen wie in den nagelneuen Container/Modul-Siedlungen, auf denen doch noch „Gewährleistung“ durch den Hersteller ist…

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Jup, das denke ich auch. Teilweise hab ich das schon als etwas kleinlich empfunden, wenn sie teilweise ihren Nachbarn, die im selben Boot sitzen, nichts abgeben wollten. Aber vielleicht ist es auch an der Sprachbarriere gescheitert. Ich selbst spreche keine Arabisch. Die meisten dieser Anschlüsse haben dann auch nur 100 GB, weil halt das billigste vom billigsten bestellt wird.

Tja, in der Stadt Gütersloh gilt nach wie vor (Aussage erneuert in einem aktuellen »Umsiedlungsprojekt«, also Turnhalle => leerstehender Wohnraum), daß die Stadt hier keinen Finger zu krümmen bereit ist: Die Stadt möchte keine Ungleichbehandlung, da sie auch keinem Hartz-4-Empfänger »das Internet« bezahlt. Dementsprechend wurden auch die Freifunk-Installationen in den Notunterkünften abgeschaltet, nachdem sie von Erstaufnahmeeinrichtungen zu Übergangseinrichtungen wurden. Somit bleibt nur das Anfunken von außen, und Eigeninitiative bei der Verteilung drinnen — was bei Konversionsliegenschaften (im engeren wie weiteren Sinn) ggf. schon an Anwohnern scheitert.

Ich denke das ist auch der Haupt-Tenor.

Meine Erfahrungen bisher:

  • Eine Familie hat einen DSL Anschluss gezahlt bekommen, dort konnte ich das Prinzip von Freifunk auch nicht erklären daher haben die dann auch nicht weiter mitgemacht
  • Manche Einrichtungsbewohner die dort einen Router aus dem Freifunk-Netz der Einrichtung positioniert hatten haben diesen beim Auszug in eine eigene Wohnung mitgenommen in der Hoffnung, dass sie dann zuhause auch Freifunk hätten. Ärgerlich, aber verständlich.

Ich denke die Haupt-Arbeit sollten wir also darein stecken, in den Unterkünften zu erklären, wie das Freifunk Netz funktioniert, sonst hat die Freifunk-Community nichts davon die Einrichtungen zu versorgen und man könnte dort genausogut eine Kommerzielle Lösung aufbauen.

Nur wenn die Bewohner in den Unterkünften lernen, wie Freifunk funktioniert, dann können sie es auch mit raus nehmen, wenn sie in eine eigene Wohnung ziehen.

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