Rechtssituation Freifunk nach TMG

Hallo zusammen,

kennt jemand sinnvolle Abhandlungen zum Thema der Rechtssituation der Nutzung von Freifunk, beispielsweise von Kommunen?

Ich habe bisher jenes wunderbare Schmuckstück ausgegraben:

Das ist dummerweise aus der Zeit von vor dem neuen TMG. Das hat zwar prinzipiell alles besser gemacht, aber …

Cheers,
Gregor

Das Problem der Reto-Mantz-Schriftsätze ist, dass sie von Reto Mantz sind.

Das ist jetzt nicht gegen die Validität seiner Argumente.
Nur ist den meisten klar, dass er der Freifunk-Hausjurist, der die diversen StörerInnenn-Abmahnungen durchgefochten hat und bei wirklich jeder größeren Freifunk-Veranstaltung mit an Bord ist.

Daher ist es leider etwa so viel wert wie ein Feldhamster-Gutachten von einem BUND-Biologen. Oder ein Abgasgutachten von einem VW-Ingenieur: Mag sachlich völlig korrekt sein, nur überzeugt man damit keine Zweifelnden.

Von daher ist die Suche nach Alternativen sehr, sehr sinnvoll.

Ohne jetzt zu sehr abzuschleifen: Meist zeichnet sich erst nach mehreren Gerichtsurteilen eine Tendenz ab. Und was ist heute schon sicher. Da muss man eine Portion Glauben mitbringen. Wer das nicht möchte, dem werde ich auch nicht dazu zwingen :slight_smile: Und das Thema Argumente für FF hatten wir schon ausführlich.

Kommunen sind als öffentliche Einrichtungen verpflichtet genau möglichst wenig Glauben mitzubringen und das vorher durchgedacht zu haben. Entsprechend mag ein entsprechendes Schriftstück helfen.

Ein wenig Empirie reicht vollkommen aus, siehe diesen Post

Ich vertrete ja immer noch die Meinung, dass Glauben Privatsache ist und in öffentlich rechtlichen Entscheidungen nichts verloren hat. Und Empirie eine nette Sache ist, man kann damit beispielsweise Physik betreiben, aber wenn vollumfängliche Prüfungen notwendig sind - wie in der Mathematik oder dem öffentlichem Recht - sie nichts verloren haben. Ungerade Zahlen sind schließlich auch nicht alle prim.

Aus unerfindlichen Gründen waren IT Rechts Anwälte in Aachen der Meinung sich mit dem Thema Freifunk auseinandersetzten zu müssen. Es entstand folgender Blogpost:

Ich würde mich über Feedback freuen und das entsprechend weiterleiten.

Cheers,
Gregor

Bei

"Kam es zuvor zu einer Urheberrechtsverletzung über eines dieser frei zugänglichen Netzwerke, musste der Freifunk-Anbieter mit einer kostenpflichtigen Abmahnung rechnen und wurde auf Unterlassen in Anspruch genommen. "

war eigentlich klar, dass die von Freifunk keinen Schimmer haben. Der Rest ist damit eventuell für privates Gast-WLAN o.ä. interessant, für Freifunk nicht.

Naja, die haben sich an „Freifunk nach Berliner Modell“ geklammert, weil es da schon umfänglich zu publiziert wurde.
Also ein Freifunk ohne „Supernodes“ und „Exit-IPs“, sondern bei dem die Freifunk-Nutzenden direkt über die IP der jeweiligen Knotenbetreibenden ins Internet gehen.

Sprich: Von Freifunk haben die schon Ahnung, nur nicht von dem in Westdeutschland üblichen.

Die Leute haben aber ihre Quellen sehr transparent angegeben. Und auf der „Berliner“ freifunk.net Seite steht eben:

Jeder Nutzer im freifunk-Netz stellt seinen WLAN-Router für den Datentransfer der anderen Teilnehmer zur Verfügung. Im Gegenzug kann er oder sie ebenfalls Daten, wie zum Beispiel Text, Musik und Filme über das interne freifunk-Netz übertragen oder über von Teilnehmern eingerichtete Dienste im Netz Chatten, Telefonieren und gemeinsam Onlinegames spielen.

Das ist natürlich „menschenlesbar“ zusammengefasst, was das PPA aussagt, jedoch liest sich das halt allgemeingültig und vollständig abgebildet, wobei das PPA ja nur „Mindestanforderungen“ sind. Und dann wird für den Unwissenden der Eindruck erweckt, dass es sich quasi um ein Fon-artiges Netzwerk handelt, bei dem man nur konsumieren darf, wenn man auch als Anbieter tätig wird.

Dass die Anwälte den Ansatz trotzdem größtenteils richtig interpretiert haben führe ich darauf zurück, dass Freifunk in Aachen die Größe und Zuverlässigkeit erreicht hat, dass man selbst als Laie nicht mehr daran vorbeikommt, zumindest ab und zu als Nutzer aufzutreten. Da braucht der Anwalt nicht unbedingt einen Sachverständigen oder sich auf Internet-Quellen verlassen, sondern hat sich längst schon selber ein Bild gemacht :wink:

Am Ende ist halt der „Hotspot“ in dem sich andere Nutzer einklinken können ohne direkt zu peeren ale Dienst nicht „vorgeschrieben“, aber am Ende halt wie selbstverständlich bei fast allen Knoten auch in den aller-traditionellsten Communitys vorhanden. Wäre schön, wenn der Absatz ein wenig inkludierender bearbeitet werden könnte.

Am Rande für alle: Es wird übrigens nach konstruktiven Feedback gefragt, weil wir vielleicht ja durchaus einen Rückkanal zu denen haben oder bekommen könnten. Einfach zu sagen „Die haben ja absolut keinen Schimmer“ führt nur dazu, dass die euch in Zukunft zeigen, welchen von ihren fünf Fingern sie am liebsten haben. Und der Freifunkgedanke, dass wir der breiten Gesellschaft etwas über Technik und Medienkompetenz beibringen wollen ist das auch nicht mehr.

bump

Jemand Lust sich auf ein „Wir meckern konstruktiv“_TM-Mumble zu verabreden?

Meiner Einschätzung nach braucht es für konstruktives Feedback an die Autoren Leute mit solidem juristischen Hintergrund. Weil man sonst weder die Terminologie, noch die Dialektik trifft. (Und wenn man es nur zu immitieren versucht wird’s so lächerlich Dialekt-Immitatoren für die jeweiligen Muttersprachler)

Diese Einschätzung teile ich nicht. Ich denke ein Hinweiß auf falsche Quellenlage und oder nicht Berücksichtigung von technischen Feinheiten reicht hier.

Das subsumieren in juristische Termini ist denke ich explizit das wofür die Juristen da sind.

gilt noch für 2014 :confused: Wie sieht das denn für 2018 aus?

Ja.

Um mal auf Punkte einzugehen:

Anbieter von sogenannten freien Netzen, wie die Freifunk-Gruppe, scheuen sich vielerorts vor einer Ausweitung ihrer Projekte, weil sie eine urheberrechtliche Abmahnung auf der Grundlage der Störerhaftung befürchten.

Kann ich so nicht nachvollziehen. Ich kenne niemanden, der sich im Netzausbau durch die bestehende Störerhaftung eingeschränkt fühlt.

  • Privat auf dem lokalen WAN des Consumer-Prividers ausleiten werden viele Menschen nicht wagen wegen der evtl. möglichen strafrechtlichen Komplikationen (Hausdurchsuchungen in den frühesten Morgenstunden…)
  • Auf den IPs der jeweiligen Supernode/Blech-Provider ausleiten mögen viele Admins nicht, da es da keiner Abmahnungen bedarf, sondern dort kommen (wenn nicht in Deutschland) DCMA-strikes beim Abuse des Providers. Und selbst wenn man die entkräftet, spätestens nach dem Dritten sperren die üblichen Provider dann „den Host“ zu. Nicht auf einer juristisschen Grundlage, sondern weil „Bearbeitung und Abwehr der Claims“ zu viel administrativen Overhead bindet, der in der Mischkalkulation für das Hosting-Angebot ein Loch reisst. (Provider mit „Abuse auf den Kunden“ gibt es, sind aber seltener und die Kondidtionen sind für viele Communities eher unattraktiv. Details sind hier offtopic. Fakt ist, dass die Mehrzahl der Provider so arbeitet.)

Will sagen: Hemmnisse für „Direktes Ausleiten“ ist jetzt nicht mehr die Störerhaftung.
Menschen fürchten heute die „Terrorabwehr“ und „Cybersicherheit“. Also unverschuldet und faktisch erstmal wehrlos in die Maschinerie der Terrorismus-Bekämpfung zu geraten. („Sturmtruppen räumen vor den Augen der Nachbarschaft alle Rechner und Festplatten aus dem Haus“)
Abgesehen davon dass man das Equipment erst nach Monaten und Jahren zurückbekommt. Und auch nur dann, wenn man vorher die Passwörter zur Plattenentschlüsselung herausrückt: Der Ruf in der Nachbarschaft ist -sofern man nicht in einem entsprechenden Szeneviertel wohnt- erstmal ruiniert.

Ja, das hilft jetzt leider alles nicht, obigen Aufsatz zu diskutieren.
Faktisch fehlen uns jegliche konkrete Fälle von Versuchen, Zugangsanbietende auf Grundlage des neuen TMG doch auf „Mitwirkung“ und „Unterbindung von Störungen“ zu veranlassen. Zumindest sind mir keine Fälle bekannt. (Und ohne solche ist es alles ziemlich hypothetisch… )

P.S. Was mir völlig fehlt in Sebastian Schwierings Betrachtung fehlt ist der Aspekt

  • Für welches „Freifunk-Baukonzept“ gilt die Betrachtung? Ich lese es so, als ob hier vorranging das „Berliner-Modell im ‚BoS-Modus‘“ betrachtet wird. (Zumal es dazu bereits einschlägige Urteile und Veröffentlichgungen gibt. Ginge nur an der derzeitigen Realität für >90% der Freifunkenden, insbesondere 99% der in NRW vorbei.)
  • Falls es sich doch um „Verpflchtungen gegenüber Freifunkenden, die mit einer (wie auch immer gearteten) RIPE-Mitgliedschaft ein AS betreiben“ geht: Soll hier wirklich das TMG gelten? Dem würde ich ganz entschieden widersprechen wollen, da dieses -in meinen Augen- ein vorsätzlichen reduzieren der bislang ausgeübten Rechte darstellte.