Störerhaftung - mal ins Gesetz (Beschluss vo 2.6.2016) geschaut

Text aus Freiburg Freifunk Liste , der mal real Text ansieht
weiter Empfehlenswert:

http://www.internet-law.de/2016/05/neue-mogelpackung-zur-w-lan-stoererhaftung.html

und sehr fein : http://logbuch-netzpolitik.de/lnp183-blinde-kuh-mit-baseballschlaeger

Heute ist ein schöner Tag, heute ist ein trauriger Tag:
am 2.6. hat der Bundestag nach vielem Hin und Her die „Abschaffung der Störerhaftung“ beschlossen.(2)1806745.pdf (796,6 KB)1808645.pdf (991,3 KB)
so seine Worte, alles gut also?
Das das nicht so sein Kann ahnen wir schon an der großen Welle der Kritik die sich durch IT Landschaft zieht, dabei spielt es keine Rolle ob es Datenschützer, Freifunker, Netzrechtler oder große IT Anbieter geht. Das Gesetz in dieser Form reiche nicht Weit genug.
Fangen wir beim Bundestag(1) selber an, der sagt auf seinen eigenen Seiten er habe „Störerhaftung bei öffentlichen WLAN-Netzen beseitigt“, deren Abschaffung beschlossen – entgegen dem Antrag der Opposition „Darin hatten die Oppositionsfraktionen gefordert, die WLAN-Netzbetreiber von der sogenannten Störerhaftung zu befreien“.
Das verstehe wer will - wo ist also der Haken. Was stimmt ist, WLAN Betreiber die offene Netze betreiben - die auch öffentlich sind - sind nun großen Telekominikationsanbietern gleichgestellt. Das bedeutet im Grunde, man versteht sie nur als Transportdienstanbieter. Soweit so gut - diese Gleichstellung ist auch nicht an Bedingungen Geknüpft. In der schwierigen Findungsphase waren technisch Sinnfreie Forderungen nach Vorschaltseiten, sogenannten Captive Portals, Einwilligungserklärungen, zwingender Verschlüsselung bei gleichzeitig offenen WLAN Netzen und dergleichen im Raum gestanden. Das ist vom Tisch und nun als nicht besonders clevere Idee etwas für Freifunk Stammtische.
Der Haken liegt darin das der Bundestag darauf verzichtet hat die Abmahung gleich mit gesetzlich auszunehmen. In der Folge bedeutet dies, dass munter weiter abgemahnt werden kann. Sicher die Begründungen müssten sich ändern, aber das Modell Massenabmahnung bleibt weiter ein lukratives Geschäft.
Auf Seite 10 von 11 der Beschlussbegründung(2) finden sich die goldenen Worte „Eine Haftung des Diensteanbieters ist danach grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Anbieter von Diensten der reinen Durchleitung die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Kommunikation nicht auswählt und er die übermittelten Informationen nicht auswählt oder verändert.“ Das ist klingt gut und geht auch weiter mit, „Die Haftungsprivilegierung des Diensteanbieters nach § 8 Absatz 1 und 2 umfasst z.B. uneingeschränkt auch die verschuldensunabhängige Haftung im Zivilrecht nach der sog. Störerhaftung und steht
daher nicht nur einer Verurteilung des Vermittlers zur Zahlung von Schadenersatz, sondern auch seiner Verurteilung zur Tragung der Abmahnkosten und der gerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit der von einem Dritten durch die Übermittlung von Informationen begangenen Rechtsverletzung entgegen.“
Schade das das nur in der Begründung steht, und die wird in der Regel seltener auf lokalen Amts- und Verwaltungsgerichten gelesen, sondern kommt bestenfalls in fortgeschrittenen Verhandlungen auf Landes- und Bundesebene zum Tragen.
Seit 2003 warnt u.a. die Telekom davor das sie grundsätzlich auch Abgemahnt werden könnte. Die Hürden sind enorm hoch, und bisher war es leichter die Menschen nebenan zu auf Unterlassung zu verklagen als sich mit großen ISP wie der Telekom anzulegen. Da jetzt jeder ISP ist, der ein offenes Netz betreibt liegt die Vermutung nahe das nun Abmahnungen folgen um diese Hürden Stück für Stück zu demontieren. Sollten die Abmahnindustrie damit durchkommen hat das weit mehr Folgen als nur für die eh wenigen offenen WLAN Zugänge in Deutschland. Deutschland ist in Bezug auf Breitband und offener WLAN weit unterhalb des Durchschnitts, ein einziges Trauerspiel. Die Folgen könnte Zensur, im Deckmantel von Abmahnungen, normal werden. Es wird nicht mehr darum gehen die Quellen zu verbieten/ zu löschen. Stattdessen werden die Überbringer zum löschen und sperren gezwungen - und das wird das Ende des Internets wie wir es kennen. Lassen wir uns das nicht gefallen.
Statt ein Klima der Angst und Drohung zu fördern, es wäre so schön wenn diese gleichen Abmahn-Anwälte* in dem gleichen Stile Menschenrechtsverletzungen Abmahnen würden. Das käme direkt den Menschen zugute, und würde mittelfristig Verhältnisse für alle besser machen.

1 Deutscher Bundestag - Bundestagsbeschlüsse am 2. und 3. Juni
Störerhaftung bei öffentlichen WLAN-Netzen beseitigt: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 2. Juni den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur zweiten Änderung des Telemediengesetzes (18/6745) in der vom Wirtschaftsausschuss geänderten Fassung (18/8645) angenommen. Damit entfällt die bisherige sogenannte Störerhaftung der Betreiber öffentlicher Funknetze für den Internetzugang (WLAN) bei Rechtsverstößen von Nutzern dieses WLAN. Hürden wie Vorschaltseiten, Verschlüsselung oder die Belehrung der Nutzer über Rechtsverletzungen werden abgeschafft. Dafür unterliegen Anbieter, die Dritten einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen, künftig den gleichen Bedingungen, wie sie jetzt schon Internetzugangsanbieter besitzen. Der Bundestag verabschiedete mit dem gleichen Abstimmungsverhalten eine Entschließung, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, auf europäischer Ebene Vorschläge einzubringen, um zügig rechtssichere Regelungen für schnelle und effektive Verfahren zur Rechtsdurchsetzung im Internet zu etablieren. Es sollten Maßnahmen entwickelt werden mit denen die Finanzströme von Plattformen, die gewerbsmäßig Rechte des geistigen Eigentums verletzen, ausgetrocknet werden können. Die Rechteinhaber sollten legale, nutzerfreundliche Angebote mit einfachen, praktikablen und angemessenen Vergütungsmodellen weiterentwickeln. Gegen das Votum der Opposition lehnte der Bundestag einen gemeinsamen Gesetzentwurf der Grünen und der Linken zur Änderung des Telemediengesetzes (Störerhaftung, 18/3047) auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (18/3861) ab. Darin hatten die Oppositionsfraktionen gefordert, die WLAN-Netzbetreiber von der sogenannten Störerhaftung zu befreien, um für einen einfachen und kostengünstigen Internetzugang die Mitnutzung bestehender Netze zu ermöglichen.
2 angenommene Fassung http://dip.bundestag.de/btd/18/086/1808645.pdf
Zu Nummer 1:
Um Rechtssicherheit zu schaffen, stellt der neu eingefügte Absatz 3 klar, dass auch Anbieter von WLAN-Inter-netzugängen Zugangsprovider i. S. d. § 8 TMG sind und dass für diese die Bestimmungen des § 8 gelten. Gemäß § 2 Satz 1 Nummer 1 TMG sind „Diensteanbieter“ im Sinne des TMG alle natürlichen und juristischen Personen, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln. Mit der Änderung wird klargestellt, dass auch die Anbieter von WLAN-Internetzugängen ohne jede Einschränkung Diensteanbieter i.S.d. § 8 TMG sind. Dabei ist die Haftung eines Diensteanbieters der reinen Durchleitung unter bestimmten kumulativen, aber abschließenden Voraussetzungen beschränkt. Eine Haftung des Diensteanbieters ist danach grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Anbieter von Diensten der reinen Durchleitung die Übermitt-lung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Kommunikation nicht auswählt und er die übermittelten Informationen nicht auswählt oder verändert. Der Wortlaut der Bestimmungen des Artikels 12 der Richtlinie 2000/31/EG und des § 8 TMG schließt weitere Voraussetzungen oder Prüfplichten für deren Anwendung aus-drücklich aus. Deswegen wurden die im Gesetzentwurf der Bundesregierung in § 8 Absatz 4 TMG genannten Voraussetzungen und Prüfpflichten gestrichen, weil diese mit den unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbar sind und das Ziel des Gesetzentwurfes, Rechtssicherheit für WLAN-Anbieter zu schaffen, verfehlt hätten.
Die Beschränkung der Haftung umfasst horizontal jede Form der Haftung für rechtswidriges Verhalten jeder Art. Das gilt für die straf-, verwaltungs- und zivilrechtliche Haftung sowie für die unmittelbare und mittelbare Haftung für Handlungen Dritter. Die Haftungsprivilegierung des Diensteanbieters nach § 8 Absatz 1 und 2 umfasst z.B. uneingeschränkt auch die verschuldensunabhängige Haftung im Zivilrecht nach der sog. Störerhaftung und steht daher nicht nur einer Verurteilung des Vermittlers zur Zahlung von Schadenersatz, sondern auch seiner Verurtei-lung zur Tragung der Abmahnkosten und der gerichtlichen Kosten im Zusammenhang mit der von einem Drittendurch die Übermittlung von Informationen begangenen Rechtsverletzung entgegen. Diese Auslegung der unions-rechtlichen Vorgaben hat der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof Maciej Szpunar in seinen Schluss-anträgen vom 16. März 2016 in der Rechtssache C-484/14 bekräftigt (siehe Rz. 63ff., 151).
Die Beschränkung der Haftung steht dagegen nicht dem Erlass einer gerichtlichen Anordnung auf einer entspre-chenden gesetzlichen Grundlage entgegen, wobei diese jedoch nicht die Feststellung irgendeiner Haftung des Vermittlers für eine durch die Übermittlung von Informationen begangenen Rechtsverletzung beinhalten kann (ebd. Rz. 86). Eine solche gerichtliche Anordnung muss wirksam und verhältnismäßig und darauf gerichtet sein, eine bestimmte Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, und keine allgemeinen Überwachungspflichten implizieren. Zudem muss sie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Grundrechten wahren (ebd. Rz. 115, 151). Eine solche gerichtliche Anordnung ist nach Artikel 12 Absatz 3 und Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie 2000/31/EG unzulässig, wenn der Adressat dieser nur dadurch nachkommen kann, dass er den Internetzugang stilllegt, mit einem Passwortschutz oder Verschlüsselung sichert oder sämtliche über den Anschluss laufende Kommunikation auf Rechtsverletzungen hin untersucht (ebd. Rz. 105ff., 151).

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das radiointerview , für das ich die zusammenfassung vorbereitet hatte
https://rdl.de/beitrag/der-bundestag-hat-beschlossen-die-st-rerhaftung-abzuschaffen-entgegen-dem-vorschlag-der … Oposition die Störerhaftung abzuschaffen
und auch sehr nett
Bundestag zur WLAN-Störerhaftung: Ein Kompromiss, keine Lösung › Freifunk statt Angst