Liebe FreifunkerInnen,
Ich war bis vor kurzem Student der Medien- und Kulturwissenschaften an der Uni Bremen und habe mich dort für meine Bachelor-Arbeit ausgiebig mit dem Thema Freifunk für Geflüchtete beschäftigt. Dazu habe ich selber eine qualitative Feldforschung durchgeführt, unter anderem als aktiver Teilnehmer in der Freifunk Bremen Community, aber auch anhand von Interivews mit SozialarbeiterInnen, ManagerInnen von Unterkünften und LokalpolitikerInnen. Eine kurze Version ist jetzt, gemeinsam mit meinem ehemaligen Betreuer, auf Englisch in Form eines Artikels (open access) erschienen: Humanitarian Media Intervention – Infrastructuring in Times of Forced Migration – spheres
Als engagierter Forscher ist es mir immer noch wichtig, meine Ergebnisse für die Freifunk-Communities zugänglich zu machen. Innerhalb der EU-Forschungsgemeinschaft der „digitalen Geisteswissenschaften“ wurde das Thema auf jeden Fall als wichtig empfunden und vor ein paar Wochen mit dem DARIAH-DE DH Award ausgezeichnet [1]. Abgesehen davon freue ich mich natürlich, wenn meine Abschlussarbeit nicht einfach in einer Schublade verschwindet. Im Gegenteil, vielleicht gibt es ja noch Raum für Diskussion und Rückmeldung . Für alle mit wenig Zeit, hier mal ein kurzer Background:
Interessiert hat mich besonders die Frage, welche soziotechnischen Praktiken (sprich: delegierte Handlungen zwischen Technologie und Menschen) eigentlich eine „freie“ Infrastruktur für Geflüchtete an diesen Orten möglich machen, aber auch welche neuen Ausschlüsse und Probleme sich dadurch ergeben. Ein wichtiges Fazit ist hier, dass Freifunk eine politisch relevante Öffentlichkeit für ein in der humantiären Arbeit oft übersehenes Thema (Internetzugang) schafft. Gleichzeitig bleibt es aber nicht bei einer rein diskursiven Kritik, sondern Freifunk bedeutet immer auch gelebte Kritk und Intervention auf infrastruktureller Ebene.
Für mich war die Arbeit ein erster Zugang zu dem Thema freies WLAN und eine Möglichkeit, das Feld der Wissenschafts- und Technikforschung (STS) mit Beiträgen aus der kritischen Migrations- und Humanitarismusforschung zusammenzubringen. Für Freifunk selbst gibt es da schon einige wenige Beiträge [1] und auch die STS entdeckt das Thema Fluchtmigration [2] als soziotechnisches Thema. Tatsächlich gibt es Ende Juni noch ein Review von dem Artikel, geschrieben von einer Anthropologin aus London die sich selbst lange mit dem Thema free wireless networks beschäftigt hat. Trage ich dann gerne hier nach!
Liebe Grüße,
Tim
PS: Ich hoffe außerdem dass ich hier die richtige Kategorie erwischt habe, für mich gehören Wissenschaft und Politik jedenfalls dicht zusammen
[1] Vorstellung der PreisträgerInnen des DARIAH DH-Award 2017: Tim Schütz | DHd-Blog
[2] Gregers Petersen “Freifunk: When Technology and Politics Assemble into Subversion”, in James Leach and Lee Wilson (eds.), Subversion, Conversion, Development: Cross-Cultural Knowledge Exchange and the Politics of Design, Cambridge, MA, MIT Press, 2014, pp. 39–56
[3] Farías, Ignacio (2016): STS and Human Drama