Beispiel: Aachen. Wir haben 200.000 Einwohner. Wir werden es niemals hinkriegen, alle diese Leute zu erreichen. Selbst im Bildungssystem, wo alle ja mal regelmäßig hinmussten, ist es nicht möglich 100% der Inhalte in 100% der Köpfe zu verankern. Da sind wir als Verein mit 10 Aktiven hilflos überfordert, alle Leute zu erreichen. Da versenken wir unheimlich Material in Flyer und was weiß ich und haben noch keinen einzigen Router aufgestellt.
Dann gibt es die immer viel beschworenen internen Dienste, für die es aber halt auch erst einmal ein funktionierendes Mesh braucht. Und wo soll dieses Mesh herkommen, wenn man nicht eine kritische Masse mobilisieren kann? Es entsteht ein Henne-Ei-Problem. Das kann man auf verschiedene Weisen versuchen aufzulösen.
Wir haben es geschafft, über diesen Freifunk-„Zusatzdienst“ „Internet-Hotspot“ die Menge der potentiellen Routerbetreiber zu vergrößern. Über diese Leute verankern wir die Marke „Freifunk“ erst einmal in den Köpfen der Hotspot-Nutzer. Eventuell mit der „falschen“ Konnotation, das kann gut sein. In zweiter Phase sind daher bei uns auch Flyer geplant, die auch ganz besonders den „Mitmach“-Aspekt betonen sollen. Natürlich auch vorrangig um Privatpersonen zu überzeugen, so ein Ding zu Hause aufzustellen, klar. Aber auch zur Bildung. In Aachen haben wir eine technische Hochschule, natürlich wollen wir die Leute auch irgendwo aus der technischen Richtung begeistern.
Und am Ende, wenn es ein stadtweites Mesh gibt, machen interne Dienste auf einmal wesentlich mehr Sinn und Spaß. Wenn man eben nicht nur viel Arbeit investiert um 3 Eingeweihte zu versorgen, die auf dem selben Straßenzug leben. Und erfahrungsgemäß hat noch niemand etwas mit ausreichend Strahlkraft entwickelt, sodass dieser Dienst den Ausbau des Netzes weiter angeschoben hat.
Freifunk hatte nie den Anspruch, hochverfügbar Internet anzubieten. Freifunk ist ein Experiment.
In unserem Marketingkonzept aber schon: Ja, die Leute erwarten Internet. Nicht hochverfügbar (das machen wir den Leuten schon klar, allein um Frust vorzubeugen) aber doch so verlässlich wie möglich.
Und zweitens: Ja, die Bedürfnisse unserer Stakeholder (also insbesondere Routerbetreiber und Freifunknutzer) stehen bei uns einfach absolut im Vordergrund (so jedenfalls der Konsens in Aachen im Moment).
So scheint es für mich nur wie ein Hotspotanbieter von vielen.
Eben nicht, wir machen nichts von den Freifunk-typischen Diensten und Möglichkeiten kaputt. Meshing und interne Dienste sind immer noch uneingeschränkt möglich. Die ziehen nur aus Respekt vor den technisch weniger gebildeten in eine andere SSID um. Unabhängig von der SSID werde lokale Dienste immer auch in der lokalen Wolke verfügbar sein. Und die SSID des Ad-Hoc-Netzwerk wird gerade nicht geändert.
Man kann den sozialen Aspekt auch anders formulieren: Freifunk soll es auch den Benachteiligten ermöglichen, ein freies Netzwerk zu nutzen. Also dass das Netz auch von technisch Unversierten optimal genutzt werden kann und nicht nur von Technokraten (überspitzt gesprochen).
Das ist auch bei deinem Vorschlag möglich. Klar. Aber wenn wir aussuchen müssen, ob der Techniker oder der Unversierte mehr Barrieren umschiffen muss, dann entscheiden wir uns natürlich für den Techniker, da er viel besser dazu ausgerüstet ist, und eventuell gar nicht gestört wird. Was für den einen ein Aufrufen des Menüs und anklicken des anderen WLAN-Netzwerkes ist, ist für den anderen eine fast unmögliche Herkulesaufgabe.
Das ist in meinen Augen wichtiger als irgendeine Bekehrungsaktion bei Usern aus ideologischen Gründen zu fahren.