Übersehe ich etwas oder wird man in dem verlinkten Artikel über den Tatzeitraum "„vor Gesetzesänderung zu Störerhaftung“) ganz zufällig im Unklaren gelassen?
Das muss keine Absicht sein.
Solche Artikel werden oftmals von juristischen Laien geschrieben und die wissen das seltenst.
Dazu kommt, dass die Urteile meistens vom Fall gelöst „kommentiert“ und verallgemeinert werden.
ich meinte den im obigen Post verlinkten Artikel, der angeblich von Beata Hubrig verfasst wurde, die sich als zumindest selbst als Anwältin bezeichnet.
Nochmal zusammengefasst:
- entweder liegt der Tatzeitpunkt „nach der Störerhaftungsnovelle 2017/2018“, dann trifft Deine Vermutung „Der Fall selbst und damit das anzuwendende Recht ist aber schon ziemlich betagt“ nicht zu.
- Oder aber im Artikel wurde dieser Umstand „zufällig“ verschwiegen.
- Oder ich übersehe schlicht irgendetwas.
Mir liegt das Urteil vor.
Tatzeitpunkt ist:
19.07.2015 und 20.07.2015
Dar Urteil wurde oben durch @Retter verlinkt:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ag_koeln/j2019/148_C_408_18_Urteil_20190725.html
Der alte Gesprächsfaden wurde mit dem Link Die alte Dame › Freifunk statt Angst wiederbelebt und dort geht es um das Urteil des AG Köln: 148 C 400/19.
Also ein anderer Fall als in dem Link von @Retter.
=> Tatzeitpunkt ist:
19.07.2015 und 20.07.2015
Aber auch das ist „vor der Störferhaftungsnovelle 2017/2018“:
Damit fühle ich mich von dem „die alte Dame“-Artikel etwas an der Nase herumgeführt.
Es fällt schwer, da anzunehmen, dass es nicht darum ging, Stimmung gegen die aktuelle Gesetzeslage zu machen.
Das Urteile teilweise lange auf sich warten lassen ist bekant. Altfälle verdienen meine Solidarität weil ich die Störerhaftung in dieser Form für unangemessen halte.
Ob ein Routerbetreiber neben Freifunk noch ein privates Netz hat ist für mich kein Nachteil, sondern vermutlich der Standard Fall. Technisch ist der Traffic offensichtlich nicht über Freifunk ausgeleitet worden, was bedeuteten kann, dass der Täter im privaten Netz saß oder der Freifunk-Router falsch konfiguriert war. Entscheidend ist hier, dass ein Täter im privaten Netz NICHT wahrscheinlicher ist als ein Täter am Freifunk-Router. Zumindest gibt es für eine höhere Wahrscheinlichkeit einer Anschlussinhaber-Täterschaft keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Anschlussinhaber muss nur darlegen, dass neben Anschlussinhaber und Familienmitglieder noch weiter Teilnehmer mit mindestens gleich hoher Wahrscheinlichkeit als Täter in Frage kommen. Wenn er im Zuge des Verfahrens feststellt das sein Freifunk-Router falsch konfiguriert war, sollte er das Problem lösen oder Ihn ausschalten.
Die Menschheit hat zwar eine unglaubliche Lust auf Spekulationen - anders lassen sich für mich die Existenz von Boulevardblättern und die derzeitig beliebten Verschwörungstheorien nicht erklären - aber vor Gericht und hier im Forum sollte die Unschuldsvermutung gelten.
Selbst wenn die Tat nicht über einen Freifunk-Router begangen wurde, dann ist dieses Urteil für Freifunk relevant. Denn genau solche Urteile sind ein Grund warum Freifunk und VPN derzeit notwendig sind. Weil es Deutschland bisher nicht geschafft hat seine Bürger mit freiem Internet zu versorgen - in anderen Ländern fördert die Gesetzeslage den freien Zugang zum Internet via Hotspots - in Deutschland braucht es dazu nach wie vor Freifunk. Gemeinwohlorientierte Anschlussinhaber brauchen Freifunk.
Solange das Urteil nicht im Volltext vorliegt, kann ich Mangels Tatzeitpunkt die heutige Relevanz aber nur spekulieren. Wir müssen also wohl noch warten und über die Vergangenheit wiederholen zu diskutieren halte ich nicht für so hilfreich.
- Die Rechtssprechung kennt den Begriff der „Rückwirkung“.
Außnahmen, in denen Rückwirkung zum Tragen kommt, ist z.B. „wenn er (der Beklagte) mit der Neuregelung ausschließlich besser gestellt ist…“. Was hier angenommen werden darf.
Insofern erwarte ich hier, dass dem Urteil die neue Gesetzgebeung zugrunde lag. - Spricht auch das Urteil und der Klägerantrag für diese Annahme. Ansonsten hätte der Kläger ja auf „Störung“ geklagt.
- Wird also nicht die „Störung“ gerügt (die mit dem neuen Gesetz abgeschafft wurde), sondern die „vermutliche Täterschaft“.
- Ist die Frage ob er lokal ausgeleitet hat - was einige FF-Communities durchaus so machen - nicht im Widerspruch zu „Freifunk“ und dem Gedanken des „Mesh“
- Ist der Skandal eine vom Richter geforderte und geurteilte faktische Umkehrung der Beweislast.
- Wird das Ziel der Gesetzesnovelle „endlich Rechtssicherheit für Hotspotbetreiber zu schaffen“ damit faktisch komplett pulverisiert.
Fazit:
Also da erkenne ich nicht mal im Ansatz eine von dir angenommen „Stimmungmache“.
Das wir es ja mal wieder in in mehreren parallen Threads diskutieren und Threads nicht mehr zusammgelegt werden dürfen, extra hier auch nochmal für Dich im Volltext:
Freifunk wurde damit zum wiederholten Male vor einen Karren gespannt, den viele hier Anwesende einfach nicht ziehen mögen!
Es geht in diesen Artikeln immer um einen Freifunk „ohne VPN“, „ohne eigenes AS/PI-Space“.
Also um ein Problem, was für die ganz überwältigende Mehrzeit der Freifunkenden überhaupt nicht besteht.
Nie bestanden hat und nie bestehen wird.
Das in den Blogartikeln und Pressegesprächen zu verschweigen finde ich mindestens unschön.
Ob es nun bei McFadden oder Reda darum ging, die längst verschollene Piratenflagge vor Publikum zu schwenken mag man zwar in Zweifel ziehen.
Faktisch produziert obige Webseite jedoch eher FUD und könnte eher „Freifunk mit Angst“ treffender umschrieben werden!
Das Urteil ist mitlerweile auch veröffentlicht:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ag_koeln/j2020/148_C_400_19_Urteil_20200608.html