Hi,
ein paar Sachen mag ich nicht unkommentiert stehen lassen:
Und damit sprichst Du mal eben allen Freifunkern weit und breit das Recht ab,
- das „digitale Glas Wasser“ stabil und loss-less bereit zu stellen?
- professionelle Admins zu sein und die Fähigkeit zu haben, entsprechende Systeme und Netze zu bauen?
- entsprechende Ansprüche an die Infrastrukturen zu stellen, die sie gebaut haben und betreiben?
Das ist mal bold. Ich persönliche empfinde das als frech und deplaziert. Hier ist glaube ich die entscheidende Frage - die sich letztlich jeder selbst stellen und beantworten muss - wie der lokale Freifunk wahrgenommen werden soll auf einer Skala von „Utopie / Bastel-Netz, das garantiert dezentral ist und manchmal halt nicht geht“ bis „professionell betriebenes offenes und freies Netz, das im Normalfall einfach funktioniert und ggf. im Backbone zentralisiert betrieben wird“*
*da es Realiter üblicherweise nur eine kleine Hand voll Nasen betreiben, die das häufig schonmal gemacht haben und aus diversen Gründen gerne wollen, dass das läuft, damit sie auch noch etwas von ihrer Freizeit haben.
Wir als Freifunker-Gemeinschaft haben uns mittlerweile einen Namen gemacht, und sind an sehr vielen Stellen dort eingesprungen, wo Politik und andere Akteuere es nicht geschafft haben - warum auch immer - zeitnah Lösungen bereitzustellen. Dadurch werden wir als Community ernst genommen und sind zum Teil mit kommunaler, Landes- und/oder Bundespolitik im Gespräch und werden untersützt (NRW-Landesförderung, 100xWLAN, …) und gefragt. Das werden wir meiner Meinung nach primär deshalb, weil das, was wir bereitgestellt haben funktioniert und wir bestehende Probleme gelöst haben. Dafür braucht es laufende Infrastruktur. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, das ist letztlich jedoch erstmal Realität.
Ein Servicementalität wird auch schnell toxisch, wenn es innerhalb einer Community eine entsprechende Anspruchshaltung gegenüber know-how-Trägerinnenn oder Trägern gibt.
Von daher find ich’s wichtig, Beschwerden über schlechte Performance zurückzuweisen.
Ich glaube, Dir ist unklar, was das erreichen gewisser Performancegrenzen für Auswirkungen hat. Zum Teil haben wir Packet Loss, weil Leitungen voll laufen oder CPUs am Limit sind (primär letzteres). Der Effekt, den Otto-Normal-Mensch hinterher wahrnimmt sind kaputt Verbindungen und im Falle von Telefonaten (Skype, Hangout, Facetime, …) ein unverständliches Gegenüber. Wenn ich mich dann in Situation einer armen Sau in einer Flüchtlingsunterkunft denke, finde ich das traurig. Daher kann ich Deine Aussage weder verstehen noch unterstützen. Ich habe da andere Ansprüche an Dinge, für die ich mit verantwortlich zeichne und möchte niemanden ein „digitales Glas Wasser reichen“, das Sprünge hat (um mal im Bild zu bleiben).
Auf der anderen Seite, hat ein zentraler VPN-Service nichts mit einem dezentralen Mesh-Netz zu tun. Der Freifunk Rheinland hat - nicht nur vom Namen her - einen Vertretungsanspruch für Freifunker im Rheinland. Die verschiedenen Vorstände hatten Freifunk immer wieder auf Ihrer pareipolitischen Agenda.
Für mich ist ein Freifunk-Netz, ein Netz bei dem keine zentrale Stelle loggen, filtern und zensieren kann. Bspw. heißt es in Freifunk Verbindet: „Wir bauen ein selbst-verwaltetes Mesh-Netz, das alle Menschen in meiner Umgebung miteinander verbindet und das von niemanden einfach abgeschaltet werden kann.“
Wenn wir im FFRL e.V. Freifunk machen find’ ich es aber super-wichtig, Netze zu bauen, die nicht zentral administriert werden. Hier fehlt mir völlig die konstruktive Diskussion.
D.h. Dein Freifunk-Netz nutzt kein B.A.T.M.A.N.adv. und keine Gateways, auf denen man filtern/loggen/zensieren kann? Natürlich könnte man sowas an diversen Stellen in jedem Netz tun; es ist aber doch genau der Freiheitsgedanke, der hinter all dem steht, was wir hier tun und damit der Grund, warum eben das nicht passiert und passieren wird. Punkt. Der Logik nach darfst Du garkeine Art von Tunnel nutzen und musst überall lokal ausleiten. Dann hast Du einen Haufen Hotspots geschaffen und vermutlich immernoch ein bisschen Restsorgen und einige Leute, die nicht mitmachen.
Wie denkst Du, kann der FFRL e.V. dieses Ziel erreichen?
Wäre die vordringlichste Frage nicht erstmal, ob „der FFRL e.V.“ diese Ziele auch genau so als seine betrachtet?
Aus meiner Sicht, wär’s durchaus geschickt und konsequent den Namen zu ändern (z.B: Ethernet Rheinland) oder den Backbone-Betrieb aus dem Freifunk-Rheinland auszugliedern (z.B. als eG, gGmbh, you-name-it) und ein VPN-Anbieter unter vielen zu werden.
Polemik aside, ist das erstens nicht ganz so einfach und zweitens müsste auch hier die Frage aufgemacht werden, ob „der Verein“ das überhaupt will. Spoiler Alert: Ich wage das zu bezweifeln.
Der entscheidenste Punkt ist: AS201701 ist eben genau nicht „ein VPN-Anbieter unter vielen“ und will das auch garnicht sein, geschweige denn werden. Es ist ein Enabler/Kick-Starter für Freifunk Communities in Neuland. Nicht mehr und nicht weniger. Mag sein, dass die Störerhaftungssituation besser geworden ist, das ist aber noch lange nicht die ganze Miete, wenn man Dinge auf einer technische Ebene betrachtet. Dazu haben hier genug Leute etwas geschrieben. Optimalerweise wird die Welt an der von IPv6 bald etwas einfacher, aber auch mit IPv6-PI brauche ich einen Upstram, der BGP mit mir spricht etc. pp.
Gleichzeitig denke ich, dass die Administratoren durchaus einen Aufwandsentschädigung o.ä. verdienen.
Welche genau?
Damit seh’ ich Bedarf für eine Zieldiskussion:
- Wie groß soll das Backbone werden?
- Wie wird es künftig betrieben?
- Wie baut der FFRL e.V. nicht zentral administrierte Netze?
- So groß wie nötig
- Wie bisher, mit mehr Automatisierung, damit Changes weniger Arbeit machen und Leute nicht mehr so lange auf Tunnel warten müssen
- In diversen Communities. Bitte Mesh-Netze und Backbone-Infrastruktur gedanklich trennen.
VG
Max