Ich denke, es ist hilfreich, hier zunächst einmal den konkreten Text des Gesetzesentwurfs aufzuführen ([Stand 17. Sep. 2015][1]). §8 TMG soll dabei um folgendes ergänzt werden:
(3) Die vorstehenden Absätze gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen.
(4) Diensteanbieter, die einen Internetzugang nach Absatz 3 geschäftsmäßig oder als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stellen, können wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie zumutbare Maßnahmen ergriffen haben, um eine Rechtsverletzung durch Nutzer zu verhindern. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Diensteanbieter
- angemessene Sicherungsmaßnahmen durch anerkannte Verschlüsselungsverfahren oder vergleichbare Maßnahmen gegen den unberechtigten Zugriff auf das drahtlose lokale Funknetz durch außenstehende Dritte ergriffen hat und
- Zugang zum Internet nur dem Nutzer gewährt, der erklärt hat, im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen.
Absatz 4 Nr.1 fordert zunächst mal, dass das WLAN Netz vor unberechtigten Zugriff geschützt ist, ohne genau zu definieren, wie dieser unberechtigte Zugriff aussieht. Als Maßnahme wird hier die Verschlüsselung vorgeschlagen, aber „vergleichbare Maßnahmen“ sind auch ausreichend. Was ein unberechtigter Zugriff ist, ist hier nicht definiert, dies zu definieren ist dem Betreiber des Netzes überlassen, den er bestimmt letzten Endes, wem er unter welchen Bedingungen die Verwendung des Netzes erlaubt. Natürlich kann man nun auch die Meinung vertreten, dass es im Freifunk kein unberechtigten Zugriff gibt. Wenn jeder darauf zugreifen darf, ist die einzige angemessene Maßnahme, keine Maßnahmen umzusetzen, die den Zugriff beschränken, da jede Beschränkung unnötig (es gibt ja keine unberechtigten) und somit nicht mehr angemessen wäre.
Würde man dies so umsetzen, käme man aber mit Absatz 4 Nr.2 in Konflikt. Dieser fordert explizit, das nur Nutzern Zugang zum Internet gewährt werden darf, die eine Erklärung abgegeben haben, keine Rechtsverletzungen zu begehen. Somit definiert der Gesetzestext für den Zugang zum Internet berechtigte Nutzer (die die Erklärung abgegeben haben), und unberechtigte Nutzer (die keine Erklärung abgegeben haben).
Technisch gesehen ist der Zugriff auf das „drahtlose lokale Funknetz“ und der Zugang zum Internet zwei unterschiedliche Dinge. Ich kann Zugriff zum Funknetz haben, ohne auf das Internet über das Funknetz zugreifen zu können. Hier kommt es darauf an, wie man den „unberechtigten Zugriff auf das drahtlose lokale Funknetz“ definiert. Denn auch jede Sicherheitsmaßnahme erfordert bereits Zugriff auf das Funknetz, selbst bei Autorisierungssystemen wie z.B. WPA2 benötige ich bereits Zugriff auf das lokale Funknetz, denn ich muss auf die Autorisierungsfunktionen des Funknetzes zugreifen und mit diesen kommunizieren.
Was ich damit veranschaulichen möchte ist, dass es viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt, „unberechtigten Zugriff auf das drahtlose lokale Funknetz“ zu definieren. Eine Art des Zugriffs zum Netz definiert der Gesetzesentwurf jedoch eindeutig als unberechtigt, nämlich der Zugang zum Internet über den Zugriff auf das Funknetz ohne vorher eine Erklärung abgegeben zu haben, keine Rechtsverletzungen zu begehen. Eben dieser Zugriff muss durch angemessene Maßnahmen unterbunden werden.
[1]: Novelle des Telemediengesetzes beschlossen: Dunkle Zukunft für öffentliche WLANs – netzpolitik.org