Freifunk und der JMStV

Liebe FF-Community,

kurze Vorrede zur Einordnung: ich bin Sozialarbeiter im Arbeitsfeld Streetwork. Zu unseren Aufgaben gehört es neben Einzelfall- und Arbeit mit Gruppen im öffentlichen Raum auch, die Infrastruktur der Sozialräume und des Gemeinwesens in den Blick zu nehmen. Ziel ist es dabei, die Teilhabe aller Menschen zu unterstützen. Freifunk ist für mich dafür ein ideales Beispiel, durch Infrastrukturausbau einerseits digitale Teilhabe zu ermöglichen, andererseits durch die gemeinsame Umsetzung des Projekts mit Anwohner*innen auch aktive, digitale Gemeinwesenarbeit zu leisten.

Zur Frage: Im Kontext der Installation der ersten Router in Einrichtungen der Jugendhilfe, ist ein Diskurs darum entstanden, wie es sich zwischen Freifunk und dem JMStV verhält. Genauer gesagt, steht die Frage im Raum, ob unsere Einrichtung gegen den §5 JMStV verstößt, wenn sie FF-Router aufstellt, da ein Jugendschutzfilter nicht vorhanden ist. Der Frage liegt die Annahme zu Grunde, dass wir als Knoten-Aufsteller als Access-Provider und damit nach §3 JMStV als „Anbieter“ gelten.

Gibt es zu dieser Frage bereits Erfahrungen aus Kommunen?
Ist Freifunk ein Access-Provider? Ist der Förderverein Freie Netze der Access-Provider? Ist es die lokale Community selbst? Welche Rolle nimmt in diesem Kontext die Person oder Institution ein, die den Knoten aufstellt?

Es geht mir hier explizit nur um Fragen des Kinder- und Jugendmedienschutzes.

Ich bin über jede fundierte Antwort und Erfahrung dankbar. :slight_smile:

Ich sehe hier keinen Unterschied zwischen einem Freifunk-Router und z.B. einer Fritz-Box mit offenem WLAN. Wenn die Einrichtung sowas aufstellt, ist das unter Umständen ein Verstoß gegen den Jugendschutz, du kennst die Gesetzeslage vermutlich selbst am besten.

  • Filtern hat im Endgerät stattzufinden
  • „gefiltertes Freifunk“ steht nicht zur Diskusstion. Freifunk filtert nicht.

Zu den Punkten kann man einiges Erläutern, und „ob es nicht ganz toll wäre, wenn nicht“, faktisch war es in den vergangenen 5 Jahren aber immer: Entweder wie oben oder gar nicht.

Vorangegangene Diskussionen dazu:

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Hallo adorfer,
mir sind die Freifunk-Richtlinien bekannt. :slight_smile: An denen will ich auch gar nicht rütteln.
Mir geht es wirklich um das Verhältnis zwischen JMStV und Freifunk. Und da besonders um die Frage, WER (Routeraufsteller, Verein, Community, …) rechtlich als Access-Provider agiert. Denn nur der wäre zu Sperren nach §5 JMStV verpflichtet. Zumal das auch auf kommerzielle Anbieter/ISPs zutreffen würde und sich dann die Frage stellt, warum die das nicht tun - und warum es das Freifunker*innen dann tun müssten.

Ergänzung: Auch interessant ist ja: Wenn ich Router ohne Uplink aufstelle, die aber mit dem Nachbarn meshen, welcher Uplink hat, bin ich dann Access-Provider oder er?

Spekulationen von Hobbyjuristen dazu werden vor dem Kadi (egal welchen) komplett wertlos sein.
Schlüssig argumentieren könnte ich Dir mindestens 4 Optionen, wer Accessprovider ist.
Da am Ende meist noch Garantien für die Rechtsauslegung gewünscht werden oder gar die Keule „Verbot der Rechtsberatung“ kommt: Lass ich lieber.

Freifunk muss sich meiner Meinung nach für niemanden hübsch machen oder anderweitig verbiegen. Wer nicht will, soll halt woanders hingehen.

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Schade, genau darum wäre es mir gegangen. Schließlich will ich ja gern Freifunk weiter ausbauen, um Menschen mit wenigen finanziellen Mitteln digitale Teilhabe zu ermöglichen. Und, es geht mir eben nicht darum, „Freifunk zu verbiegen“ Aber ich brauch halt auch eine rechtlich okaye Basis für die Argumentation. Die man dann ja auch gern nochmal von einem Anwalt prüfen lassen könnte…

Mir helfen auch Empfehlungen für Anwält*innen, die ich für eine Rechtsberatung aufsuchen könnte…

Was bitte willst du denn argumentieren? Aus deinem Router kommt Internet. Egal ob FF oder Fritz dran steht. Das ganze hat nichts mit Freifunk zu tun oder damit, wer Provider ist.
Mir riecht das nach Troll.

Naja, es hat eben doch etwas damit zu tun:
Auszug aus §3 JMStV:

Im Sinne dieses Staatsvertrages sind
    2. "Anbieter" Rundfunkveranstalter oder Anbieter von Telemedien. 

In ein paar Kommentaren zum JMStV wurden dann Access-Provider zu den „Anbietern“ hinzugezählt. Für mich ergab sich dann die Frage, warum große ISPs dann nicht ebenfalls von vornherein Filtern. Vielleicht durch das Haftungs-Privileg? Daran angeschlossen dann wiederum die Frage, wer im FF-Kosmos als Access-Provider gilt und ob dieser sich nicht ebenfalls darauf berufen kann… Schließlich erweitere ich das bestehende Netz nur um einen Knoten.

Für mich ist das etwas anderes als dein Fritz-Box-Argument (dem ich zustimme).

Weil der große Anbieter dann nicht mehr so groß wäre. Die wenigsten wollen ein gefiltertes Internet, denn das wird dann sehr schnell unbrauchbar. Wenn mein Anbieter irgendwas rausfiltern würde, würde ich ihn wechseln.

Mag alles sein.
Ist aber eine Denke, die ich nicht nachvollziehen kann und mich dann auch nicht zu -juristisch sowieso fast immer ungültigen- Analogschlüssen hinreissen lassen möchte.

Will sagen: die Probleme des JMStV und deren Umsetzung sind mir im Freifunk egal.
Und falls jemand sagt „aber dann kann ich Freifunk nicht nutzen“: Ja, dann nimm halt den Hotspot von Rosa- oder Roten Riesen.
(Nach meiner Erfahrung produzieren Projekte „Jugendgruppe lernt Freifunk“ sowieso nur Frust für alle Seiten, weil es viel zu verkopft daherkommen wird und an der Interessen- und Motivationslage einer normalen Gruppe völlig vorbeigeht.)

Was bei dieser Frage sicherlich auch berücksichtigt werden muss: über welche Art von Freifunk reden wir? Es gibt in den verschiednen Communities / Regionen z.T. sehr unterschiedliche Arten von Freifunk.

Falls es weiterhilft: Es gibt das Projekt „vernetzt euch - Schulen und Medien Einrichtungen ans Freifunketz“. [1]. Hier sind auch große Jugendeinrichtungsträgern aus dem Berliner Raum involviert, evtl. können die bei einer Antwort hilfreich sein.

Mich würde die Rückmeldung auch sehr interessieren.
LG

[1] https://vernetzt-euch.info
[2] https://handbuch.vernetzt-euch.net

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@plaste: Danke! Das ist auf jeden Fall ein Anfang für eine Vernetzung! :slight_smile:

Als ehrlich gemeinten Hinweis:
Das vermittelt eine Sicht auf Freifunk „nach Berliner Geschmacksrichtung“.
Einige aus westlichen/südlichen Bundesländern würden es eventuell auch „Zombieapokalypsen-Aluhut-Freifunk“ bezeichnen.

Nicht „Haftungs-Privileg“, sondern „Provider-Privileg“.
In Kurz: Es ist nicht Problem des Providers, was (i.S.v. Jungendschutz konform ja/nein) über sein Netz transportiert wird. (Analogie zur Briefpost: Es ist nicht das Problem der Post, ob ein Erpresserbrief transportiert wird, oder Glückwünsche zum Geburtstag).
Frei von jeglicher Rechtsberatung würde ich auch so beim Aufstellen eines (jugendschutzkonfomen) WLANs argumentieren.
Einen gewissen Jungendschutz kann man beispielsweise auch über einen entsprechenden DNS-Server herstellen (Google liefert da ein paar Erkenntnisse).

Ob das dem Sinn und Zweck von Freifunk im Wortlaut entspricht, kann evtl. die lokale Community bewerten.
Vielleicht läuft es dann auf ein z.B. OpenWRT Router mit offenem WLAN und passenden Filterlisten hinaus…