Liebe aufgeregte Freifunker,
an der ganzen Geschichte ist nichts dran. Das ist eine Presseente, die in schöner Regelmäßigkeit durch die Onlinemedien quakt. Die FCC hat schon 2015 dementiert, daß ihre Regelungen in dieser Weise zu verstehen sind und eine europäische Regelung gibt es nicht und ich habe bisher auch nicht gehört, daß so etwas geplant ist. Der Heise-Autor hat nicht recherchiert, sondern einfach nur bereits veröffentlichten Blödsinn nachgeplappert.
Über die FCC-Regeln lasse ich mich hier nicht weiter aus. Wir haben in Europa unsere eigenen Regeln und äffen nicht stumpfsinnig amerikanische Richtlinien nach. In den USA ist in der Regulierung des Telekommunikationssektors vieles anders als in Europa und nie ist das hier übernommen worden.
Eine europaische Richtlinie, die fordert, daß die Firmware von WLAN-Routern nicht mehr beliebig ausgetauscht werden darf, existiert nicht. Blödsinnigerweise wird so etwas aber in den Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstaben i der Richtlinie 2014/53/EU hineinfantasiert.
Artikel 3
Grundlegende Anforderungen
[…]
(3) Funkanlagen müssen in bestimmten Kategorien oder Klassen so konstruiert sein, dass sie die folgenden grundlegenden Anforderungen erfüllen:
a) Sie sind mit Zubehör, insbesondere mit einheitlichen Ladegeräten, kompatibel.
b) Sie arbeiten über Netzwerke mit anderen Funkanlagen zusammen.
c) Sie können unionsweit über Schnittstellen des geeigneten Typs miteinander verbunden werden.
d) Sie haben weder schädliche Auswirkungen auf das Netz oder seinen Betrieb noch bewirken sie eine missbräuchliche Nutzung von Netzressourcen, wodurch eine unannehmbare Beeinträchtigung des Dienstes verursacht würde.
e) Sie verfügen über Sicherheitsvorrichtungen, die sicherstellen, dass personenbezogene Daten und die Privatsphäre des Nutzers und des Teilnehmers geschützt werden.
f)Sie unterstützen bestimmte Funktionen zum Schutz vor Betrug.
g) Sie unterstützen bestimmte Funktionen, die den Zugang zu Rettungsdiensten sicherstellen.
h) Sie unterstützen bestimmte Funktionen, die ihre Bedienung durch Menschen mit Behinderungen erleichtern sollen.
i) Sie unterstützen bestimmte Funktionen, mit denen sichergestellt werden soll, dass nur solche Software geladen werden kann, für die die Konformität ihrer Kombination mit der Funkanlage nachgewiesen wurde.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 44 delegierte Rechtsakte zu erlassen, in denen festgelegt wird, welche Kategorien oder Klassen von Funkanlagen von den einzelnen in diesem Absatz in Unterabsatz 1 Buchstaben a bis i genannten Anforderungen betroffen sind.
Dieser Absatz 3 bezieht sich aber auf die mobile Telefonie und nicht auf WLAN. Wenn man es richtig liest, wird einem das sofort klar. Besonders weil die Regeln der Rechtsförmlichkeit besagen, daß Aufzählungen ohne angegebene Konjunktion immer Kommulativ zu verstehen sind, d.h. alle Unterpunkte müssen gemeinsam und gleichzeitig erfüllt werden. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie ein WLAN-Router „bestimmte Funktionen, die den Zugang zu Rettungsdiensten sicherstellen“ oder „bestimmte Funktionen zum Schutz vor Betrug“ bieten soll. So etwas geht mit einem WLAN-Router technisch ja gar nicht.
Durch die kommulative Verknüpfung der Anforderungen ist damit praktisch ausgeschlossen, daß die EU-Kommission nach Absatz 3 Unterabsatz 2 WLAN-Router in eine der Kategorien oder Klassen von Funkanlagen, die von den genannten Anforderungen betroffen sind, einordnen kann. Der Absatz 3 ist auf den Mobilfunk zugeschnitten.
Damit entbehrt die Panikmache der Spendensammler jeder Grundlage. Vergeßt das Thema, es ist keins.
Hochachtungsvoll
Uwe Hohenstein
PS.: Hier im Forum wurde eine Regelung der ITU erwähnt, die ich nicht kenne. Für einen Link wäre ich sehr dankbar.