Hallo zusammen,
ich bin eines der Gründungsmitglieder des „Verbunds freier Netzwerke NRW e.V.“ und war von Anfang an im Vorstand aktiv. Da sich die Diskussion hier im Kreis zu drehen scheint werde ich versuchen eine kleine Chronologie der Vereinsgründung aus meiner Sicht zu geben. Vielleicht wird dann einiges klarer.
Da ich zeitlich sehr ausgelastet bin möchte ich mich schon im Vorfeld entschuldigen, falls Antworten meinerseits hier nicht zeitnah erfolgen. Ich lese Foren und Mailinglisten nur sporadisch.
Nun aber zum Wesentlichen:
Ende 2012 haben wir in Wermelskirchen versucht erste Schritte in Richtung Freifunk zu gehen. Wir kannten die Materie nur bedingt und fast jeder hatte bereits die eine oder andere eher ernüchternde Erfahrung mit den bestehenden Strukturen gemacht. Da uns die Idee eines freien, lokalen Netzwerkes aber sehr gut gefiel haben wir uns der Sache erneut angenommen und ein erstes kleines Netz aufgebaut.
Mit der Zeit wurde aber immer deutlicher, dass, wollten wir die Innenstadt vollständig versorgen, die Mithilfe der Gastronomen und Einzelhändler unabdingbar war. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit war durchaus vorhanden, aber es wurde immer eine Bedingung gestellt: „Gründet ein Unternehmen oder einen Verein. Wir möchten eine klare Struktur.“
Also haben wir uns umgesehen und auch mit einigen bereits bestehenden Vereinen Kontakt aufgenommen. Leider war niemand bereit oder in der Lage uns eine reine „Abrechnungsstruktur“ zur Verfügung stellen. Wir wollten als Community weitestgehend unabhängig bleiben, das Netz unseren Vorstellungen entsprechend ausbauen und uns auch nicht auf eine bestimmte Dogmatik festlegen.
Letztendlich beschlossen wir, dass uns nichts anderes übrig blieb, als einen eigenen Verein zu gründen der genau diese Bedingungen erfüllte. Er sollte sich im Hintergrund halten und die Hauptverantwortung bei den jeweiligen Communites liegen. Ein reiner Infrastrukturdienstleister, wenn man so will. Die angeschlossenen Communities sollten sich die Leistungen herraussuchen können, die sie gerade benötigten. Also Firmware, VPN, Hosting, Mumble, Pad, Bugtracker, ownCloud und Abrechnungsstruktur. Entweder alles, oder nur das, was gerade benötigt wird. Und zwar ohne irgendeine Gängelung durch den Verein. Einzige Bedingung sollte sein, dass sich alle zu gleichen Teilen an den entstehenden Kosten beteiligen.
Für einen „Freifunk Wermelskirchen e. V.“ fehlten uns die Leute und ein „Freifunk Bergisches Land e.V.“ erschien uns zu einengend. Immerhin hatten bereits ein paar Freifunker aus ganz NRW Interesse an unserer Idee signalisiert. Also haben wir uns entschieden „Nägel mit Köpfen“ zu machen und NRW als „Einzugsgebiet“ gewählt. Da wir uns als Verein im Hintergrund halten und den Communites möglichest auch freie Namenswahl ermöglichen wollten verzichteten wir bewusst auf das „Freifunk“ im Vereinsnamen. So entstand der Name „Verbund freier Netzwerke NRW e.V.“.
Zu der Domain „freifunk-nrw.de“ kamen wir, da sie frei war und ich sie für unser Projekt geeigent hielt. Außerdem ist das einprägsamer als „vfn-nrw.de“. Also habe ich sie registriert und sie hat sich zu unserer Hauptdomain entwickelt.
Schließlich haben wir Mitte 2013 zusammen mit der Community Gronau zu neunt unseren Verein gegründet. Keiner von uns war zuvor in irgendeinem Freifunk-Verein Mitglied. Leider zog es nicht mit der notariellen Anmeldung etwas hin, da das Sammeln noch benötigter Unterschriften durch die relativ großen Entfernungen etwas zäh war. Daher erfolgte die Eintragung erst Anfang 2014. Das Finanzamt benötigte auch noch einige weitere Dokumente und es gab noch das ein oder andere zu klären. So zog sich die Anerkennung unserer Gemeinnützigkeit bis Ende Oktober 2014 hin. Sicherlich nicht unbedingt ein wünschenswerter zeitlicher Ablauf, aber auch nicht tragisch. Aus verwaltungstechnischer Sicht entstand uns hieraus keinerlei Nachteil.
Was unsere Webseiten und die Informationen darauf angeht bin ich selbst für die aufgetretenen Verzögerungen bei der Aktualisierung verantwortlich. Da ich viel von meiner Arbeit für den Verein zwischen „Tür und Angel“ erledigen musste ist es mir manchmal erst durch einen Hinweis von außen aufgefallen. (Ein Grund, warum ich diese Aufgabe an Felix abgegeben habe.) Ich hatte einfach mehr damit zu tun den Kontakt zu neuen Communites zu halten und dort zu unterstützen. Insbesondere da einige kommunale Verwaltungen und Stadtmarktingvereine mit der Bitte auf uns zu kamen eine Freifunk-Community in ihrer Stadt zu etablieren. Sobald der entsprechende Hinweis erfolgt ist habe ich mich aber immer umgehend darum gekümmert und außerhalb dieser Diskussionsgruppe hier bin ich kaum auf unsere Webseite angesprochen wurden. Da es sich bei den meisten Freifunk-Netze um lokale Projekte handelt scheint der persönliche Kontakt deutlich schwerer zu wiegen. Also lag der Fokus nicht unbedingt auf unserem Internetauftritt.
Zu den Telefonnummern kann ich sagen, dass zu Anfang mein Sipgate Account hinterlegt war. Später haben wir eine Mailbox eingerichtet. Für einen permanenten Telefondienst fehlt uns einfach die Zeit und bislang hat sich das Rückrufsystem bewährt. Üblicherweise verteilen wir die eingehenden Nachrichten auf unsere Ansprechpartner in den jeweiligen Communities und mir sind keinerlei Klagen zu Ohren gekommen.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten:
- Wir haben und wir werden nie den Anspruch erheben für irgendeine Community, geschweigeden für alle Freifunker in NRW zu sprechen. Jede Community ist für sich selbst verantwortlich und agiert unter ihrem jeweiligen Namen.
- Wir schreiben kein Verhalten vor und ergreifen nicht Partei.
- Wir bieten verschiedene Dienste sowohl für die Communities, als auch - unabhängig von jedweder Vereinmitgliedschaft - für das ganze Freifunk-Projekt (Mumble, Pad, Redmine) an und sind bemüht diese stabil und personenunabhängig zu gestalten.
- Wir möchten nicht, dass Projekte, die sich auf uns verlassen, zusammenbrechen weil einzelne Personen ihr persönliches oder finanzielles Engagement einstellen. Daher setzen wir auf Mitgliedsbeiträge und nicht auf Spenden. Das hat nichts mit einer kommerziellen Vermarktung der Freifunk-Idee zu tun. Es verteilt die Last einfach auf deutlich mehr Schultern und führt zu einem faireren Finanzierungssystem. Außerdem ist eine Prognose der Finanzlage möglich. So können wir langfristiger planen und auch größere Projekte anstoßen. Überschüsse, die wir nicht für den Betrieb der Infrastruktur benötigen, werden wir auf Basis der aktiven Knoten an die Communites verteilen um diesen ein finanzielles Polster zur Beschaffung von Informationsmaterial, gemeinsam genutzer Hardware u.ä. zu bieten.
- Wir wollen jedem, auch wenn er oder sie nicht über die nötigen technischen Kenntinisse oder die Zeit an einem Treffen teilzunehmen verfügt, einfach und bequem ermöglichen teilzunehmen. Daher kann man bei der Anmeldung einen Knoten mitbestellen, muss man aber nicht. Die Preise liegen leicht über dem aktuellen Marktpreis der Geräte um Schwankungen auszugleichen. Die Überschüsse fließen wie oben beschrieben in den Ausbau der Infrastruktur oder an die Communities.
- Anfragen zu Communities die zwar aktiv aber nicht über uns organisiert sind, haben und werden wir immer mit Hinweis auf die jeweilige Community beantworten und auf Wunsch den Kontakt herstellen. Sollte es in einigen eigenständigen Communities Knoten von uns geben, so wissen die jeweiligen Mitglieder um die Situation und sie betreiben unsere Firmware auf eigenen Wunsch.
- Wir begrenzen die Anzahl der Knoten die ein einzelnes Mitglied betreiben kann nicht. Allerdings achten wir aus o.g. Gründen darauf, dass nicht eine ganze Stadt über ein einzelnes Mitglied läuft. Wäre das die Regel würde unser Finanzierungsmodell nicht mehr funktionieren. (Abgesehen davon kann sich jeder unsere Firmware bei GitHub herunterladen und seinen Bedürfnissen anpassen. Befinden sich bereits andere Knoten in Mesh-Reichweite ist auch keine Freischaltung nötig da dann der VPN Zugang der benachbarten Knoten benutzt wird. Insofern ist eine Mitgliedschaft nur erforderlich wenn man unser VPN über den eigenen Internetanschluss nutzen möchte.)
- Wir haben außerhalb dieser Diskussionsgruppe niemals klagen über unsere Form der Finanzierung gehört. Im Gegenteil stoßen wir üblicherweise auf großes Verständnis. Insbesondere im Fall von Gewerbetreibenden hilft es sogar dabei Vorbehalte abzubauen, da sich diese der Tatsache bewusst sind, dass ein System auf irgendeine Weise finanziert werden muss und „kostenlosen“ Angebot eher misstrauisch gegenüber stehen.
Ich hoffe mit meinen Ausführungen etwas Klarheit geschaffen zu haben. Selbstverständlich gibt es nicht „die eine und einzige Wahrheit“ über den richtigen Weg ein freies Netz aufzubauen. Bisher fahren wir aber mit unserem Ansatz ganz gut. Dennoch hat uns dieser kleine „Exkurs“ einige neue Denkansätze bescheert für die ich mich an dieser Stelle bedanken möchte. Wir haben uns im Vorstand bereits darauf verständigt einiges davon zu diskutieren und ich bin mir sicher, dass es sich in Zukunft in unseren Entscheidungen wiederfindet.
Einstweilen möchte ich die Diskussion an dieser Stelle aber beenden, sollten keine wirklich neuen Feststellungen mehr gemacht werden. Wir haben verstanden, dass einige unserer Verfahrens- und Kommunikationsweisen Kritik hervorrufen und werden dem Rechnung tragen. Änderungen passieren aber leider nicht von heute auf morgen und ich kann an dieser Stelle mit Sicherheit keine Zusagen über konkrete Pläne machen.
Generell fände ich es auch fairer, wenn ihr euch bei Unmut direkt an uns wenden und die Gründe in Erfahrung bringen würdet, bevor ihr eine öffentliche Diskussion lostretet, von der wir erst über Umwege erfahren. Immerhin arbeiten wir alle für das gleiche Ziel. Konkurrenz halte ich hier für absolut unangebracht.
Um unserem weiteren Vorgehen zu folgen empflielt es sich, unsere öffentlichen Vorstandssitzungen auf mumble.freifunk.net (die Termine findet ihr auf der Webseite) zu verfolgen. Dort gibt es auch immer einen Tagesordnungspunkt für Fragen und Anmerkungen der anwesenden Gäste. Außerdem schließt sich immer eine formlose Diskussionsrunde an. Konkerete Fragen können auch immer an vorstand@freifunk-nrw.de gerichtet werden.
Insofern alles Gute und nichts für ungut ;),
Tobias